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Ein Tag nach Trumps Erdrutschsieg in den USA war auch endlich Schluss für die Ampel – lange erwartet und von der riesigen Mehrzahl der Arbeiter und der ganzen Bevölkerung herbeigewünscht. Die NATO-Kriegstreiber in der SPD-Führung und von Grünen und FDP müssen natürlich weg. Das Problem ist, dass keineswegs die Arbeiter in der Offensive sind im Kampf, ihre Lebensumstände zu verbessern, sondern dass stattdessen einzig und allein die Rechten aus der aktuellen Krise profitieren.
Mit einer Trump-geführten US-Weltmacht, die darum kämpft, ihre Vormachtstellung koste es was es wolle zu verteidigen, werden die deutschen Imperialisten noch mehr unter Druck kommen. Ob nun der Handelskrieg gegen China, der die Profite von VW, Siemens und Co. noch weiter reduzieren wird, oder der erhöhte Druck, die Militärausgaben massiv hochzuschrauben: Konfrontiert mit dieser Realität hat das deutsche Kapital eine Antwort, und die heißt noch mehr Angriffe auf die Arbeiter und alle Unterdrückten.
Die Ampel-„Fortschrittskoalition“ war 2021 angetreten mit dem Anspruch, den deutschen Imperialismus für ein Jahrzehnt zu führen in Kontinuität zu den Merkel-Jahren, mit liberalen Positionen wie Anti-Rassismus, dem Recht auf Cannabis und auf Geschlechtsumwandlung als progressivem Anstrich für die wirtschaftliche Plünderung der Arbeiter hier und in Ost- und Südosteuropa. Genau diese Weltordnung – dominiert durch die USA und ihre alles überragende militärische Macht – funktionierte lange extrem gut für den deutschen Imperialismus. Billige Energie aus Russland und offene Märkte für deutsche Waren, insbesondere in China: Damit ist es jetzt vorbei und genau das hat den deutschen Imperialismus in eine sich verschärfende Krise gestürzt. Das ist der Hintergrund für das jahrelange Taumeln der Ampel-Regierung am Abgrund.
Trumps Wahl zeigt, dass der Liberalismus als vorherrschende Ideologie der imperialistischen herrschenden Klassen erledigt ist. Und das Aus der Ampel bestätigt, dass das deutsche Kapital auch nicht mehr so weitermachen kann wie bisher: Alle rechnen mit einem nächsten Kanzler Merz, der noch schärfere Aufrüstung, sozialen Kahlschlag und Angriffe auf die Arbeiter verspricht. Um die Krise der liberalen Weltordnung und auch die politische Krise in Deutschland im Interesse der Arbeiter auszunutzen, ist die entscheidende Frage für jeden Linken, Sozialisten und Kämpfer für die Arbeiter: was tun?
Es ist klar, wir brauchen eine unabhängige Antwort der Arbeiter gegen die Angriffe der Kapitalisten. Aber wie kommen wir dahin? Um das zu beantworten, müssen wir die jetzige Lage verstehen und wie wir hierhin gekommen sind. Seit Ausbruch des Ukrainekrieges hat die Ampel-Regierung unter Führung der SPD für die deutschen Kapitalisten die Aufgabe erfüllt, den NATO-Kriegskurs gegen Russland, die verheerenden Sanktionen, die Aufrüstung und die Abwälzung der Krisenlasten auf die Arbeiterklasse durchzusetzen. Die Gewerkschaftsführer stehen voll hinter dem NATO-Kurs und haben alles dafür getan, der SPD und der Regierung im Krieg den Rücken freizuhalten.
Jeder einzelne Streik in den letzten zweieinhalb Jahren wurde in vorauseilendem Gehorsam abgewürgt, ausgebremst oder ausverkauft. Nachdem die verhasste Ampel endlich gefallen war, hat dann die IG-Metall-Führung ihren Ausverkauf der mächtigen Metaller letzte Woche damit gerechtfertigt, dass man in der aktuellen Situation für Stabilität sorgen müsse. Und auch die Führung der Linkspartei hat sich vollkommen in die „Solidarität mit der Ukraine“ und jüngst erneut in die deutsche Staatsräson zur Unterstützung des zionistischen Staates eingereiht. Keine Überraschung also, dass es, als schon jeder Arbeiter sich auf das Ampel-Aus gefreut hatte, die Co-Vorsitzende der Linkspartei Schwerdtner war, die die Ampel angebettelt hat, doch bitte zusammenzubleiben.
Und so sieht ein Großteil der Arbeiter die Linken zu Recht als Teil des verhassten Status quo und wendet sich aus Wut über die Niederlagen von der Arbeiterbewegung ab und hin zur AfD, denn diese wird als einzige Opposition gegen die unerträglichen Zustände und die verhasste Regierung gesehen. So haben die Führer der Arbeiterklasse in SPD, Die Linke und Gewerkschafen der reaktionären AfD den Weg gebahnt. Zwar steht Wagenknecht gegen den Kriegskurs und die Sanktionen, aber sie hat es abgelehnt, einen Kampf zu führen gegen die NATO oder gegen die beinharte Israel-Unterstützung der deutschen Imperialisten. Deshalb ist das BSW auch ein akzeptabler Partner für die NATO-Unterstützer der SPD-Führung und der CDU, mit dem man Formelkompromisse und gemeinsame Landesregierungen wie jetzt in Brandenburg und Thüringen organisieren kann. Das bringt die Arbeiterklasse kein Stück voran. Ebenso wie die Linkspartei behauptet Wagenknecht, man könne ohne Opposition gegen den deutschen Imperialismus für Frieden und gegen den Niedergang der Arbeiterklasse kämpfen.
Deshalb: Der Kampf gegen die kommenden Angriffe und gegen die AfD kann nur Hand in Hand gehen mit dem Kampf für die Interessen der Arbeiterklasse – gegen NATO und Regierung, gegen den Verrat der Arbeiterführer und damit auch gegen die Unterstützung des kleineren Übels in Gestalt von SPD und Linkspartei. Dagegen eine vereinte antiimperialistische Arbeiteropposition auch bei den kommenden Wahlen aufzubauen, das ist die Aufgabe der Stunde.
Um diese Opposition so stark wie möglich zu machen, ist aber eine grundlegende Kehrtwende der sozialistischen Linken notwendig. Die antiimperialistischen Linken in der Linkspartei, die nicht auf Linie der Parteiführung sind, liefern das anschaulichste Beispiel für das Problem der Linken insgesamt: Sie haben zwar an ihrem Programm gegen NATO und für Palästina festgehalten, aber sie sind dem Kampf gegen die Führung aus dem Weg gegangen. Sie stellen die Einheit der Linkspartei über alles. Sie klammern sich an billige und unverbindliche Bekenntnisse der Parteiführung zum Frieden und an die Illusionen, auch ohne Opposition gegen NATO und Imperialismus soziale Verbesserungen erreichen zu können (siehe Seite 5).
Warum? Die Politik der sozialistischen Linken – ob ihr Antirassismus, Kampf für liberale Werte wie „Klimaschutz“ und „offene Grenzen“ oder Friedensparolen – war in den letzten Jahrzehnten vollkommen akzeptabel für die deutschen Kapitalisten, die unter solch einem „fortschrittlichen“ Deckmantel ihre Interessen durchgesetzt haben. Alle Appelle und Proteste der Linken jetzt gegenüber SPD und Linkspartei, doch bitte schön ihre angeblich fortschrittliche Friedenspolitik von anno dazumal wieder aufzunehmen, gründen auf der reaktionären und aussichtslosen Perspektive der Linken, doch irgendwie zur bisherigen Periode des „Friedens“ und der „Stabilität“ der liberalen Ordnung zurückzukehren.
Es war diese Weltordnung, die die jetzigen Krisen, reaktionäre Kriege wie in der Ukraine und den Völkermord an den Palästinensern hervorgebracht hat. Anstatt einen Kampf gegen die Imperialisten und ihre Ordnung zu organisieren, versuchen die Linken krampfhaft, eine Lösung zu finden, die kompatibel mit und akzeptabel für die imperialistischen Herrscher der Welt ist – indem sie sich auf diese Kräfte stützen wollen, um Frieden in der Ukraine oder einen Stopp des zionistischen Massakers zu erreichen.
Aus diesem Grund haben sie bisher den politischen Kampf gegen die jetzige verräterische Führung abgelehnt und eine falsche und schädliche Einheit mit ihnen aufrechterhalten. Das ist der Kern des Problems und der Grund, warum die ganze Linke im Kontext der Regierungskrise vor einem Scherbenhaufen und extrem geschwächt dasteht und nicht als eigenständige Opposition gegen den Imperialismus und seine Verteidiger in der Arbeiterbewegung auf den Plan treten konnte. Die unmittelbare Aufgabe aller marxistischen Linken ist es, damit anzufangen, diese Situation grundlegend umzudrehen. Wir müssen einen antiimperialistischen Pol in der Arbeiterbewegung aufbauen, der den politischen Kampf gegen diese pro-imperialistische Führung der Arbeiterbewegung endlich aufnimmt.
Mit einer Führung, die hinter dem deutschen Imperialismus und der NATO steht, können die Arbeiter nicht für Frieden kämpfen. Und nicht nur das: Solange wir nach den Regeln einer Führung spielen, die im Krieg hinter der eigenen Führung steht, können die Arbeiter auch keinen wirksamen Kampf für ihre ökonomischen Interessen führen. Und weil sich diese Führung bisher halten konnte, haben wir eine Niederlage der Arbeiter nach der anderen gesehen. Jetzt will die IG Metall den VW-Arbeitern wieder Lohnverzicht aufzwingen: Der Kampf für einen grundlegenden Kurswechsel in den Gewerkschaften ist sehr dringend (siehe Flugblatt zu VW, Seite 3). Tatsache ist, dass die sozialistische Linke entweder durch sektiererisches Sprücheklopfen über Sozialismus einfach passiver Zuschauer war oder sich durch opportunistische Akzeptanz dieser Führer als „kleineres Übel“ direkt durch diese einspannen ließ. Beides sind Sackgassen, mit denen wir nicht weiterkommen.
Das sehen wir auch an der Reaktion der Linken in der jetzigen Situation. Einerseits gibt es die Gefahr des Opportunismus und Defätismus wie in der Antwort der DKP, die keine Anstalten macht, selbst zur Wahl anzutreten, und stattdessen „Friedenskräfte“ unterstützen will. Wer sind die? Die Linkspartei, deren Führer van Aken verschärfte Sanktionen gegen Russland fordert und mit Scholz erklärt: „Ich möchte nicht, dass die Ukraine den Krieg verliert.“ Oder das BSW, das zwar gegen den Kriegskurs ist, es aber auch ablehnt, die Arbeiter unabhängig dafür zu mobilisieren? Genossen der DKP! Denkt an den Kampf, den wir gemeinsam bei den EU-Wahlen und in Brandenburg geführt haben, um Arbeitern eine antiimperialistische Alternative zu geben: Jetzt ist nicht die Zeit, den Kopf in den Sand zu stecken und eine unabhängige Rolle der Marxisten aufzugeben, sondern im Gegenteil unsere Aktionen zu verstärken!
Die andere Gefahr ist die des Sektierertums, was man beispielhaft an RIO bei den Landtagswahlen im Herbst sah. Obwohl es die Möglichkeit gab, antiimperialistische Kampagnen der MLPD und DKP in Thüringen und Brandenburg zu unterstützen gegen die Politik von SPD und Linkspartei (siehe unsere kritischen Wahlkampagnen, Seite 7, 11, 17), hatte RIO sich dort leider entschieden, im Abseits stehen zu bleiben. Mit der Begründung, dass DKP und MLPD „stalinistisch“ seien, hat RIO es dort abgelehnt, den Kampf gegen die pro-imperialistische Linie der jetzigen Arbeiterführer aufzunehmen.
Dagegen begrüßen wir jetzt die Initiative von RIO, „unabhängige, revolutionäre, sozialistische Kandidaturen zur Bundestagswahl aufzustellen“, und haben RIO schon vorgeschlagen, zusammen in diese Richtung zu arbeiten. Solche Kandidaturen – am besten in vereintem Kampf mit der Kampagne der MLPD – könnten ein wichtiger Schritt gegen den bisherigen Opportunismus wie auch das Sektierertum der Linken sein.
So schwer die Lage ist, wir müssen die Chance jetzt nutzen, um durch eine vereinte antiimperialistische Kampagne der Linken einen wichtigen Schritt zu tun für den Aufbau einer neuen Führung der Arbeiterklasse, die gegen die NATO und für Palästina kämpft. Um hierfür die größte Schlagkraft zu entfalten, brauchen wir eine einfache und klare Plattform, die in den zentralen Fragen gegen den deutschen Imperialismus gerichtet ist. Dafür schlagen wir die folgenden Kernpunkte vor:
- gegen NATO!
- für Palästina!
- für Sozialismus!
Wir sind schon an verschiedene Organisationen mit diesem Vorschlag herangetreten. Lasst uns keine Zeit verlieren und jetzt anfangen, diesen Kampf gemeinsam aufzunehmen!