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Seit Ausbruch des Ukrainekrieges treibt die Partei Die Linke unaufhörlich in Richtung SPD. Der Bundesparteitag in Halle (18.–20. Oktober) hätte eine Chance eröffnet, diesen Kurs umzudrehen. Eine Woche zuvor, beim Berliner Landesparteitag, hatte der pro-zionistische Rechtsaußenflügel um Klaus Lederer eine Offensive gestartet und der Partei Kapitulation vor dem „Antisemitismus“ vorgeworfen – exakt die Propaganda des deutschen Imperialismus, mit der jede Kritik an Israel ausgemerzt und die anti-palästinensische Repression gerechtfertigt werden soll.

Wir Spartakisten wandten uns in dieser polarisierten Situation an alle Delegierten des Bundesparteitags und unterbreiteten den Vorschlag für einen Initiativantrag, wie wir uns der pro-zionistischen Offensive jetzt entgegenstellen und den Kampf gegen die NATO und für Palästina voranbringen können (siehe Seite 6). Wir machten klar, dass Die Linke sich entscheiden muss: SPD oder Palästina? Die entscheidende Aufgabe für die Linken ist der Aufbau eines antiimperialistischen Pols in der Arbeiterbewegung, der endlich den Kampf gegen die pro-imperialistischen und pro-zionistischen Arbeiterführer aufnimmt – auch in den Reihen der Linkspartei.

Von der neuen Parteiführung und namhaften Vertretern der Parteilinken – etwa der Kommunistischen Plattform und von Ferat Koçak – wurde jedoch schon am ersten Sitzungstag bis in die Abendstunden an einem „Kompromiss“-Antrag gefeilt, der die Wogen glätten und eine eindeutig pro-palästinensische Position vermeiden sollte. Der Antrag wurde schließlich mit großer Mehrheit angenommen – im selben Atemzug wurden bürokratisch alle anderen Anträge zu Palästina von der Tagesordnung gefegt, und zwar mit Einverständnis der Parteilinken.

Die wichtigste Aktion gegen diese Kapitulation kam hauptsächlich von außerhalb. Am Samstag fand vor dem Parteitagsgebäude eine kämpferische Kundgebung des Palästina-Netzwerkes Handala aus Leipzig statt, die sich gegen den pro-zionistischen Kurs der Linkspartei richtete. Handala schilderte, wie die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel aus Leipzig und die inzwischen ausgetretene Henriette Quade aus Halle gegen Palästina-Aktivisten vorgegangen waren, sie attackiert und mit Polizeiterror bedroht hatten. Es ist ein Armutszeugnis, dass eine linke Partei solche Typen in ihren Reihen duldet. Die übergroße Mehrheit der Delegierten blieb der Kundgebung von Handala fern. Neben Sozialismus von unten, der Revolutionären Linken und der Sozialistischen Organisation Solidarität nahmen auch wir an der Kundgebung teil. Auch Ferat Koçak war da. Unser Genosse Philipp kritisierte in seiner Rede die Rolle der Parteilinken, ohne die der Kompromiss nicht durchgekommen wäre.

Die Parteilinke feiert den Kompromiss-Antrag als Schritt in die richtige Richtung, weil er die schlimmsten Positionen des rechten Flügels nicht übernommen hat, Kritik an der israelischen Regierung enthält und das Wort Völkermord erwähnt. Das bringt ihre ganze bankrotte Perspektive und ihre Kapitulation vor der Parteiführung auf den Punkt: Jedes Mal, wenn die offen pro-imperialistischen und pro-zionistischen Kräfte zum Angriff blasen, geht der linke Flügel einem scharfen Kampf gegen diese Kräfte aus dem Weg. Die Parteiführung (erst Wissler/Schirdewan, jetzt van Aken/Schwerdtner) und ihre Entourage übernehmen zwar nicht die krassesten Forderungen von rechts, aber tun in der Praxis alles dafür, einen Kampf gegen den deutschen Imperialismus und gegen seine Unterstützung für die Ukraine und Israel zu verhindern. Unterstützer der Kommunistischen Plattform brachten uns gegenüber ihre Rolle als Parteikleber unverblümt auf den Punkt: „Ohne uns gäbe es die Linkspartei nicht mehr.“

Die Parteilinke war es, die die neue Parteiführung in den Sattel gehoben hat. Einige der schlimmsten Pro-Zionisten wie Lederer und Quade haben die Partei zwar mittlerweile verlassen – worüber wir nur froh sein können –, aber die Linkspartei bewegt sich weiter in Richtung SPD. Ines Schwerdtner forderte die Ampel noch am Tag des Zusammenbruchs zum Weitermachen auf. Die Bundestagsabgeordneten der Linkspartei enthielten sich bei der „Antisemitismus“-Resolution im Bundestag und bekannten sich erneut zur deutschen Staatsräson. Jan van Aken reiste in die Ukraine und beschwor dort, dass man den Druck gegen Russland erhöhen muss, damit die Ukraine gewinnt. Die organisierten linken Kräfte in der Linkspartei sind bisher nicht dazu bereit, den Kampf gegen diese Führung aufzunehmen. Wir lassen nicht locker und werden diesen Kampf weiterhin führen.