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Nachfolgend drucken wir das Flugblatt des Komitees von Hafenarbeitern für eine kämpferische ver.di vom 26. September ab.

Am 4. September hat die SPD/Grünen-Senatsmehrheit in der Bürgerschaft den MSC-Deal endgültig durchgedrückt. Das ist eine herbe Niederlage. Wir Hafenarbeiter haben die Privatisierung der HHLA mehrheitlich abgelehnt und waren bereit, dagegen zu kämpfen. Erinnert euch an die große Demo und die Arbeitsniederlegung am Burchardkai im letzten Herbst. Es folgten weitere Proteste und die Warnstreiks in der Lohnrunde (Spoiler: wir lehnen das neue Angebot ab). Unser Gegner, der SPD/Grünen-Senat, ist sogar in einer schwachen Position, fast so tief in der Krise wie die Ampel. Wir hätten den MSC-Deal stoppen können. Warum haben wir dennoch verloren? Jetzt ist die Zeit, die Lehren aus der Niederlage zu ziehen.

Der Senat und die Ampelregierung vertreten die kapitalistischen Interessen der Bosse in den Häfen, Auto- und Chemiewerken. Mit Ausbruch des Ukrainekriegs haben sie sich weiter fest der NATO verpflichtet und schicken Waffen an die Ukraine. Die Kapitalisten brauchen Geld für die Militarisierung und Aufrüstung. Die Kosten werden uns aufgedrückt. Der Verkauf der HHLA ist Teil davon, schnelles Geld zu machen. Bedrohliche NATO-Übungen finden bereits in den norddeutschen Häfen statt, um den Kriegsfall zu proben. Auch die Sanktionen gegen Russland treffen uns direkt, der Handel geht runter und Arbeitsplätze gehen verloren aufgrund der Deindustrialisierung. Jetzt sind die VW-Arbeiter betroffen und kämpfen gegen die drohenden Werkschließungen. Reichen wir ihnen die Hand!

Die Gewerkschaftsführungen von ver.di und IG Metall sind jedoch mit der SPD verbunden, sie unterstützen die NATO und die Regierung. Ganz grundsätzlich stehen diese Arbeiterführer für den Kapitalismus. Sie sorgen deshalb dafür, dass die Arbeiterklasse ruhig bleibt und das wirtschaftliche Nadelöhr, der Hamburger Hafen, weiterläuft. Es ist kein Zufall, dass ver.di-Vertreter im HHLA-Aufsichtsrat für den Deal gestimmt und Teile des Bundesvorstands ihn durchgewinkt haben. Dieser Verrat geht Hand in Hand mit der Unterstützung des NATO-Kurses. So können die Angriffe auf uns durchkommen, wie der MSC-Deal. Um das zu verhindern und gegen diesen Verrat zu kämpfen, hat sich im April unser Komitee von Hafenarbeitern für eine kämpferische ver.di gebildet. Wir treten für einen Kurswechsel in ver.di ein. Wir konnten eine Kampfperspektive gegen die Privatisierung aufstellen, weil wir wissen, dass wir mit dieser ver.di-Führung einen Feind im eigenen Lager haben, den wir politisch besiegen müssen.

Der andere Teil der ver.di-Führung (Fachbereich Maritime Wirtschaft), der gegen die Privatisierung eingetreten ist und die Notruf-040-Kampagne ins Leben gerufen hat, ist stolz darauf, überwiegend kein SPD-Parteibuch mehr zu haben (manche haben eins der LINKEN). Ihre ganze Kampagne war jedoch darauf ausgerichtet, die SPD mit Worten zu überzeugen, den Deal zurückzunehmen. Sie hat an die Vernunft der Abgeordneten appelliert, um Druck zu machen. Ihre Aktionen waren völlig wirkungslos. Dahinter steckt die Idee, die SPD müsse nur an ihr Arbeiterprogramm erinnert werden, um es endlich umzusetzen. Die SPD hat zwar immer noch eine Arbeiterbasis, aber ihr Programm dient den Interessen der Kapitalisten. Unser Komitee hat gegen die Ausrichtung der 040-Kampagne argumentiert und sich dafür eingesetzt, dass wir einen hafenweiten Streik vorbereiten, der wirklichen Druck auf den SPD-geführten Senat gemacht hätte, damit er den Deal zurücknimmt.

Diese Perspektive haben der Fachbereich und die 040-Kampagne vehement abgelehnt. Warum, sie wollten doch auch die Privatisierung stoppen? Einen wirklichen Kampf aufzunehmen hätte sie dazu gezwungen, sich gegen die oberste ver.di-Führung und deren Verrat zu stellen. Und diese politische Auseinandersetzung mit den Pro-NATO-Arbeiterführern, die hinter der SPD stehen, lehnen sie ab. Obwohl sie zum Teil selbst gegen die NATO sind, wie Malte Klingforth vom ver.di-Fachvorstand Maritime Wirtschaft. Als er auf den Warnstreik-Demos den Punkt machte, dass der Kampf für höhere Tarife und der Kampf gegen den MSC-Deal zusammengehören, hat das Hafenarbeiterkomitee seine Worte positiv aufgegriffen, damit sie in die Tat umgesetzt werden. Daraufhin feuerte Malte aus allen Rohren gegen das Komitee. Er hat eine Erklärung gegen uns veröffentlicht, die im Grunde ein Zeichen an die Hafenbosse und die oberste Gewerkschaftsführung war, dass er und der Fachbereich im Hafen den Burgfrieden bewahren werden. Das zeigt, wie der Fachbereich sich in der Tat in die fesselnde Kette eingliedert, die von Kapitalisten über die Ampelregierung und die SPD bis hin zu den Gewerkschaftsführern läuft und verhindert, dass wir uns gegen die Angriffe verteidigen können. So trägt der Fachbereich eine Mitschuld daran, dass die Privatisierung durchkommen konnte. Die Aufgabe von uns bleibt, diese Kette zu zerschlagen und eine kämpferische Gewerkschaftsführung aufzubauen, die sich gegen die Interessen der Kapitalisten stellt.

Die AfD steht außerhalb dieser schädlichen Reihe und wird deshalb von vielen Kollegen als einzige Partei wahrgenommen, die ernsthaft etwas ausrichten kann gegen die verhasste Regierung und den NATO-Kurs, der unser Leben hier ruiniert. Das Programm der AfD stützt aber dieselben Interessen der Klasse der Ausbeuter, die uns erst in diese schlimme Lage gebracht haben. Sobald die AfD regiert, wird es für uns weiter bergab gehen, vielleicht mit einem anderen außenpolitischen Kurs, der aber nicht weniger zu Kriegen führen wird. Was wir brauchen, ist eine Partei der Arbeiter, die gegen die NATO, für die Freiheit von Palästina und für die Verteidigung unserer Lebensinteressen kämpft.

Während der Proteste gegen den MSC-Deal und danach hören wir von den Führern der 040-Kampagne, die Arbeiter hätten Schuld, weil sie sich nicht mobilisieren ließen. Das ist eine Lüge, die nur die eigene Verantwortung auf die Arbeiter abwälzen soll. Bei den Aktionen von 040 war klar, dass die Arbeiter nur Füllmasse für einen auf die SPD gerichteten moralischen Appell waren. Arbeiter haben richtig erkannt, dass dies nicht wirksam ist. Nach jahrzehntelangem Verrat der ver.di-Führung gibt es bereits eine tiefgehende Demoralisierung. Die Politik vom Fachbereich steht in Kontinuität der sogenannten Sozialpartnerschaft, die die Kapitalisten seit einiger Zeit aufgekündigt haben. Sie basiert auf der Illusion, dass Kapitalisten und Arbeiter gemeinsame Interessen haben könnten. Die Sozialpartnerschaft beinhaltete, dass die Kapitalisten aus ihren Superprofiten, die sie in ihrer Zeit als Exportweltmeister uns und Europa abgepresst haben, einer kleinen Schicht von Facharbeitern noch ein bisschen was extra geben konnten. Nach dem Motto „Wir geben euch relativ gute Bedingungen, dafür lasst ihr das mit der Revolution sein“. Insgesamt haben die schlechten Deals mit den Bossen uns allen stetig Verschlechterungen gebracht, indem die etwas besser gestellten HHLA-Kollegen gegen schlechter gestellte Lascher oder GHB-Kollegen ausgespielt wurden. Wir stehen vor einer total zersplitterten Tariflandschaft im Hafen, die uns alle trennt, die Gewerkschaft schwächt und den Kampf schwieriger macht. Weil die Gewerkschaftsbürokratie ihren Teil der Abmachung eingehalten hat und jeden wirklichen Widerstand gegen die Verschlechterungen sabotierte.

Fangen wir an, uns gegen diese Niederlagen-Strategie zu stellen, indem wir das neue Tarifangebot ablehnen. In diesem Sinne haben wir mit Kollegen diskutiert, bei der Befragung mit Nein zu stimmen. Natürlich sollen alle mehr bekommen, und besonders die in den ausgelagerten Bereichen und niedrigen Lohngruppen. Von der zu langen Laufzeit und den Null-Monaten abgesehen brauchen wir auch konkrete Schritte zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Als Antwort auf Automatisierung und Überalterung der Belegschaften: Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Die aktuell laufenden Tarifverhandlungen bei den Laschern, der HHLA und die Tarifrunde dürfen nicht getrennt werden. Unsere aktuelle Führung hat uns mit MSC gerade eine Niederlage bereitet, deshalb verstehen wir die Abstimmung auch als ein Misstrauensvotum. Der Pessimismus der Führung hat sich zwar auch unter vielen Kollegen breitgemacht, trotzdem ist die Unzufriedenheit groß. Mit Nein zu stimmen ist die Voraussetzung dafür, die schlechte Gesamtlage im Sinne der Arbeiter umzudrehen. Ein schlechter Abschluss wird wieder zu Austritten und AfD-Unterstützung führen. So darf es nicht weitergehen. Stimmt mit Nein! Ziehen wir die Lehren aus der MSC-Niederlage. Diskutieren wir gemeinsam, wie wir einen Kurswechsel erreichen und eine kämpferische ver.di mit einer kämpferischen Führung aufbauen können.