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Am 27. Februar forderte Apo (Abdullah Öcalan), der Führer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), alle kurdischen Gruppen zur Entwaffnung und die PKK zur Selbstauflösung auf. Keine zwei Wochen später reichten sich die Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) mit dem Führer der neuen syrischen Regierung, Ahmed al-Scharaa, die Hand und vereinbarten, die SDF-Milizen in der syrischen Armee aufzulösen. All dies ist ein absoluter Verrat an der kurdischen Befreiungsbewegung – ein selbstmörderischer Akt, der für die kurdischen Kämpfer den Tod bedeuten würde – und eine logische Folge der Kapitulation der kurdischen Führung vor dem Imperialismus und seinen Agenten in der Region.
Mit seinem Aufruf zur Entwaffnung hat Apo die ganzen Grundlagen des kurdischen nationalen Befreiungskampfes fallen gelassen. Der bewaffnete Kampf war entscheidend für die Erfolge in Rojava und die Verteidigung des kurdischen Volkes. Auch wenn der derzeitige Kampf nicht auf eine Weise geführt wird, die zum Sieg führen kann, kann eine Kapitulation nur zur Katastrophe führen. In seiner Erklärung lehnte Apo den Kampf für einen separaten Nationalstaat und sogar eine „Verwaltungsautonomie“ für die Kurden ab. Er betonte den „demokratischen Konsens“. Solches Gerede ist Wahnsinn, wenn man bedenkt, dass die „demokratische“ Erdoğan-Regierung seit Monaten kurdische Beamte aus ihren Ämtern entfernt und sie durch seine Kayyums (Treuhänder) ersetzt. Der ehemalige Vorsitzende der kurdischen Partei Selahattin Demirtaş sitzt seit 2016 im Gefängnis.
Der Aufruf von Apo dient nur dem türkischen Staat, der das „Kurdenproblem“ als Hindernis aus dem Weg räumen will, um als untergeordneter Akteur der Imperialisten im Nahen Osten noch etwas mehr vom Rahm abschöpfen zu können. Die türkische Armee hat nun eine größere Kontrolle über das Grenzgebiet, das Rojava von Bakur (Nordkurdistan) trennt. Der Verrat von Apo war Teil eines Plans von Erdoğan und seinen Verbündeten, um Erdoğan in einer Zeit Auftrieb zu geben, in der er aufgrund der irrsinnigen Inflation, der zunehmenden Repression und der horrenden Lebensbedingungen an Popularität verliert.
SDF beugen sich HTS
Die Aufforderung der SDF, ihre Milizen aufzugeben, bedroht alles, was in Rojava erreicht wurde. Diese Errungenschaften wurden in einer Zeit der Unruhen nach dem Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2011 erzielt, als die kämpfenden Kräfte in diesem Land ständig wechselten. Die Errungenschaften von Rojava sind das Ergebnis demokratischer und bewaffneter Kämpfe und schufen ein gewisses Maß an Sicherheit für die kurdische Bevölkerung, die im Syrien von Baschar al-Assad nie eine solche erfahren hatte, während gleichzeitig eine gewisse Autonomie und kommunale Gesellschaftsstrukturen geschaffen wurden. Rojava konnte sich in erster Linie durch eine starke Miliz behaupten, die vielen Bedrohungen, einschließlich Türkiye und IS, entgegenwirkte.
Die YPG, Volksverteidigungseinheiten und Hauptkomponente der SDF, gingen zur Zeit der Belagerung von Kobanê im Jahr 2014 ein Bündnis mit den USA ein. Es war eine Sache, Hilfe von den USA anzunehmen und in einem objektiven Bündnis mit den USA zu sein, um den ernsthaft drohenden Völkermord am kurdischen Volk durch den IS zu stoppen. Aber es war eine ganz andere Sache, als die YPG gemeinsam mit den USA eine Offensive in mehrheitlich von Arabern bewohnte Gebiete startete. Dies war gewissermaßen die Saat, die den kurdischen Kampf unterminierte und die nationalen Spaltungen vertiefte. Die YPG wurden zum Spielball des US-Imperialismus und haben schließlich ihren eigenen Untergang besiegelt, indem sie den Kampf zur Verteidigung der Errungenschaften von Rojava den imperialistischen Interessen untergeordnet haben, anstatt einen Kurs zu verfolgen, diese Errungenschaften auf Bakur und andere Regionen auszuweiten.
Nachdem die kurdische Führung vor den US-Imperialisten kapituliert hatte, weigerte sie sich, gegen den Völkermord in Palästina zu mobilisieren, der von den durch die USA unterstützten Zionisten verübt wird. Und nun behauptet der Chef der SDF mit Bezug auf Israel: „Wir heißen jeden in der Welt willkommen, der helfen kann, unsere Rechte zu unterstützen und unsere Errungenschaften zu schützen.“ Dies hat bei den nicht-kurdisch muslimischen und arabischen Massen tiefes Misstrauen und Feindseligkeit ausgelöst und die Kurden weiter isoliert.
Nun hat die Regierung der Arabischen Republik Syrien (SAR) eine „vorläufige“ Verfassung auf der Grundlage des islamischen Rechts verabschiedet. In Rojava sind Proteste gegen die neue Verfassung und die Massaker an Alawiten ausgebrochen. Es ist klar, dass die neue SAR keine Fortschritte im kurdischen Befreiungskampf dulden wird. Tatsächlich fordert die SAR von den SDF, dass alle „ausländischen“ kurdischen Kräfte Rojava verlassen. Dies unterstreicht einmal mehr, wie das Vorgehen von Apo und SDF das Leben der kurdischen Kämpferinnen und Kämpfer selbst gefährdet.
Kurdische Kämpfer: Gegen beide Kapitulationen braucht es Widerstand und der Kampf muss auf der Grundlage einer echten revolutionären und demokratischen Strategie organisiert werden. Gebt eure Waffen nicht aus der Hand! Organisiert euch gegen den US-Imperialismus, seine Lakaien und die zionistischen Schlächter! Für den gemeinsamen Kampf mit der Arbeiterklasse in Türkiye gegen Erdoğan und die NATO! Schmiedet ein Bündnis mit den arabischen Werktätigen in der Region!
Übersetzt aus Workers Vanguard Nr. 1184, April 2025