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Vor dem 7. Oktober waren die Bedingungen in Palästina vergleichsweise stabil, wobei „stabil“ nicht „gut“ bedeutet. Tatsächlich hatten sich die Bedingungen seit Jahren verschlechtert, während die Netanjahu-Regierung für ihre Politik des „Konfliktmanagements“ bekannt wurde, bei der sie jeden Verhandlungsversuch ablehnt. Stattdessen verfolgte Israel eine Politik von Zuckerbrot und Peitsche. Als Zuckerbrot wurde der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland und der Hamas im Gazastreifen Geld zur Verfügung gestellt, um eine stabile Verwaltung zu gewährleisten. Als Peitsche wurden das Westjordanland und Ostjerusalem zunehmend militarisiert, wobei die Siedler dazu ermächtigt wurden, immer weiter auf palästinensisches Gebiet vorzudringen. In diesen Gebieten wurde von 2021 bis 2023 jedes Jahr ein neuer Rekord bei der Zahl der vom israelischen Militär außerhalb von „Kriegszeiten“ getöteten Palästinenser erreicht. In Gaza bedeutete „Konfliktmanagement“ auch, alle paar Jahre „das Gras zu mähen“, indem Israel Massaker verübte, um Demoralisierung zu säen, und zwar mit zunehmender Intensität in den Jahren 2008, 2012, 2014 und 2021.

Während dieser Zeit des Konfliktmanagements begann Israel seine eigenen internen Krisen durchzumachen im Zusammenhang mit Netanjahus Korruption und seinem Versuch, die Kontrolle über die Justiz an sich zu reißen, was schließlich in einem von liberalen Kräften dominierten Generalstreik gegen Netanjahu gipfelte. In der Region war der Krieg in Syrien seit Jahren festgefahren, wobei das Assad-Regime scheinbar die Oberhand gewonnen hatte. Obwohl ihre Intervention auf Seiten von Assad unpopulär war, blieben die Hisbollah und der Iran in einer relativ starken militärischen Position.

Der 7. Oktober und die Strategie der Hamas

Der 7. Oktober zerbrach den Status quo in der Region. Der von der Hamas geführte Angriff, bei dem der Gaza-Zaun durchbrochen, die IDF angegriffen und Hunderte von Zivilisten massakriert wurden, war der schwerste Angriff auf Israel seit dem Jom-Kippur-Krieg 1973. Das israelische Regime änderte seinen Kurs vom „Management des Konflikts“ zur „Lösung“ des Problems. Und wie? Durch die „Eliminierung der Hamas“, was bedeutet, jeglichen palästinensischen Widerstand auszuschalten und die Unterwerfung der Palästinenser durch Tod, ethnische Säuberung und Kapitulation zu erzwingen.

Neunzehn Monate später hat sich das Gleichgewicht der Kräfte zugunsten des israelischen Staates und des US-Imperialismus verschoben. Der Gazastreifen liegt in Trümmern, mehr als 50 000 Palästinenser wurden getötet (viele schätzen die Zahl weit höher ein) und der Weg für Israel ist nun frei, seinen völkermörderischen Krieg zu intensivieren und Gaza auszuhungern. Diese katastrophale Situation ist nicht nur das Ergebnis der militärischen Überlegenheit Israels. Sie ist auch auf die Strategie der Hamas selbst zurückzuführen, die sich auf eine Reihe falscher Annahmen stützte:

  1. Dass der US-Imperialismus intervenieren und Israel zu Zugeständnissen an die Palästinenser zwingen würde.
  2. Dass die USA dazu durch den Druck der internationalen Völkergemeinschaft, der öffentlichen Meinung und der Protestbewegungen gezwungen werden würden.
  3. Dass der Iran und die übrige Achse des Widerstands gezwungen wären, gegen Israel einen regionalen Krieg auszurufen.
  4. Dass in Israel das Chaos so groß sei, dass das Militär von innen heraus zerbröckeln würde.

Die erste Annahme sagt etwas über die Illusionen der Hamas in den US-Imperialismus. Die Hamas-Führung glaubte, die Schwächung der US-Macht würde bedeuten, dass die USA eher bereit wären, Zugeständnisse zu machen und sich aus ihren Einflussbereichen zurückzuziehen. In Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall. Da ihre Hegemonie bedroht ist, müssen sich die USA noch mehr auf ihren israelischen Kampfhund verlassen.

Die in der zweiten Annahme zum Ausdruck gebrachten Hoffnungen leugnen, dass die internationale Gemeinschaft von den USA angeführt wird. Es war Wunschdenken zu glauben, dass die westlichen Länder oder die unterwürfigen arabischen Regime sich dem Diktat der USA widersetzen würden. Was die Protestbewegungen betrifft: Im Westen blieben sie dominiert von liberaler Politik, was ihre Ohnmacht garantierte. Im gesamten Nahen Osten wurden sie entweder von den Regimen gesponsert, um Dampf abzulassen und deren eigene Untätigkeit zu verbergen, und/oder sie wurden von Islamisten angeführt, deren Politik ähnlich war wie die der Hamas. In beiden Fällen wurden die Impulse der Massen gezügelt.

Die dritte Annahme zeugt von blindem Vertrauen in das islamische Regime des Iran und in die Hisbollah. Das klerikale Regime in Teheran und die Führer der schiitischen Bewegung im Libanon haben ihre eigene innere Stabilität und ihre engstirnigen Interessen immer über die der Palästinenser gestellt. Genau das steckt hinter ihrer Doktrin der „strategischen Geduld“: die Vorstellung, dass die Achse des Widerstands einen langfristigen Abnutzungskrieg gegen Israel und die USA führen und deren militärische Macht allmählich aushöhlen würde, bei gleichzeitigen diplomatischen Appellen, die sich auf internationales Recht und liberale Prinzipien stützen. In Wirklichkeit wurde durch „strategische Geduld“ die gesamte Initiative Israel und den USA überlassen. Diese waren absolut bereit, die Situation ständig zu eskalieren, am stärksten zuzuschlagen und gegen jede Norm früherer Konflikte zu verstoßen. Währenddessen blieb die Achse des Widerstands trotz beträchtlicher militärischer Kapazitäten politisch gelähmt und ständig auf dem Rückzug.

Die vierte Annahme zeigt, dass die Hamas die Krise innerhalb Israels falsch verstanden hat. Die Spaltungen innerhalb der israelischen Gesellschaft sind sicherlich tief. Ein Schock wie der 7. Oktober, bei dem Kibbuzniks und Festivalbesucher wahllos ermordet wurden, konnte solche Spaltungen jedoch nicht vertiefen, sondern führte vielmehr dazu, sie zu überbrücken. Diese Art von Aktion ermutigt die herrschende Klasse und alle Flügel des Zionismus, die den israelischen Staat als das einzige Bollwerk gegen einen neuen Holocaust darstellen. Deshalb ist die in der palästinensischen Bewegung weit verbreitete Vorstellung, dass die israelische Gesellschaft bei jeder ernsthaften Erschütterung zusammenbrechen wird, falsch und zutiefst verwirrend. Außerdem gab sich die Hamas der Illusion hin, dass der Druck der liberalen Zionisten, die Verhandlungen über einen Waffenstillstand fortzusetzen, zu Zugeständnissen an die palästinensische Seite führen würde. Aber nicht die Liberalen haben die Oberhand, sondern Netanjahus rechte Regierung. Er hat deutlich gemacht, dass die Zerstörung der Hamas oberste Priorität hat, und wenn die Geiseln sterben, wie es bei vielen geschehen ist, dann soll es so sein. Diese Politik hat bei den Liberalen in Israel zwar großes Entsetzen ausgelöst, sie können aber nichts dagegen unternehmen, da sie Netanjahus Grundprämisse für den Krieg teilen.

Daher war die Strategie hinter dem 7. Oktober, trotz der schweren Verluste, die Israel durch diese Operation hinnehmen musste, mit politischen Problemen behaftet, die für den Befreiungskampf nur zu einer Katastrophe führen konnten. Die Hamas wusste ganz genau, dass der 7. Oktober einen neuen, verheerenden Krieg gegen den Gazastreifen auslösen würde. Und sie wusste, dass sie ihn nicht gewinnen konnte. Ihre Strategie bestand darin, die Bevölkerung von Gaza für das Gemetzel zu opfern in der Hoffnung, dass die Achse des Widerstands in den Krieg eintreten würde und dadurch die internationale Gemeinschaft und die USA gezwungen wären, gegen Israel einzuschreiten.

Stattdessen hat die israelische Regierung das wahllose Massaker an Zivilisten genutzt, um mit voller Unterstützung der USA direkt zum Völkermord überzugehen. Iran und die Hisbollah verbrachten den Krieg mit Abwarten und Zögern, eine Schwäche, die Israel mit verheerender Wirkung ausnutzte. Dass die internationale Gemeinschaft nichts weiter tat, als bedeutungslose Erklärungen und UN-Resolutionen herauszugeben, dafür sorgten die USA. Jetzt, da die Palästina-Bewegung im Westen am Abflauen ist, gehen reaktionäre Politiker mit aller Härte gegen die Aktivisten vor. Am Ende erwies sich das pro-iranische Motto, langsam „den israelischen Frosch zu kochen“, als fatal, verglichen mit dem Spruch aus dem Talmud: „Wenn jemand kommt, um dich zu töten, erhebe dich und töte ihn zuerst.“

Die Achse des Widerstands

Die Hamas ist nicht verschwunden und Israel ist nicht ungeschoren davongekommen. Aber es ist klar, dass Israel die Oberhand hat, und die Kapazitäten, über die die Hamas noch verfügt, werden nicht ausreichen, um das Kräfteverhältnis für die Palästinenser zu verbessern. Die Hamas-Führung hat die Kontrolle über den Gazastreifen bereits aufgegeben und lediglich erklärt: „Die Waffen des Widerstands sind eine rote Linie.“

Im Libanon hat Israel die Hisbollah, einen der größten Herausforderer der IDF in der Region, erfolgreich in Schach gehalten. Die gesamte Intervention der Hisbollah im Krieg bestand darin, an der Front des Libanon so lange aktiv zu bleiben, wie die Kämpfe im Gazastreifen weiter tobten. In seiner letzten Rede sagte Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah, „die Front von Libanon wird nie stoppen, bevor die Aggression gegen Gaza aufhört“, und dass Netanjahu „nicht in der Lage sein wird, die Siedler in den Norden ‚zurückzubringen‘ und zu tun, was er will“. Einige Tage später war Nasrallah bereit, ein Waffenstillstandsabkommen zu unterzeichnen. Kurz darauf, am 27. September 2024, wurde er ermordet. Das Kriegsziel der Hisbollah wurde vereitelt und die Organisation wurde enthauptet. Natürlich gibt es die Hisbollah immer noch – das riesige Begräbnis für Nasrallah war eine gewaltige Machtdemonstration und die größte Menschenansammlung in der Geschichte des Libanon. Dennoch hält Israel immer noch fünf Beobachtungsposten im Libanon besetzt und greift weiterhin Ziele der Hisbollah an.

Der Iran, die zentrale Kraft hinter der Achse des Widerstands, ist aus diesem Krieg mit einer Blamage hervorgegangen. Palästinenser und Libanesen sind allgemein der Meinung, dass der Iran von Anfang an energischer hätte eingreifen müssen. Stattdessen verbrachte die iranische Regierung die meiste Zeit des Krieges mit dem Versuch, diplomatischen Druck für einen Waffenstillstand aufzubauen. Der Iran griff erst ein, als er nach zahllosen israelischen Provokationen – von der Bombardierung seines Konsulats in Syrien bis hin zur Tötung fast der gesamten Hisbollah-Führung – absolut dazu gezwungen war. Die Angriffe des Iran auf Israel, insbesondere der zweite im Oktober 2024, bei dem 180 ballistische Raketen ohne Vorwarnung eingesetzt wurden, haben seine militärischen Fähigkeiten unter Beweis gestellt. Mehrere Raketen der neuesten Generation durchdrangen die israelischen Luftabwehrsysteme und trafen israelische Stützpunkte mit großer Präzision. Dies hielt einige in Israel, die einen Krieg mit dem Iran befürworten, zurück. Der iranische Raketenangriff machte deutlich, dass das strategische Hauptproblem des Iran in diesem Konflikt nicht militärischer, sondern politischer Natur ist. Das islamische Regime, das sich in ständiger Angst vor den iranischen Massen befindet und in einer Wirtschaftskrise steckt, sucht immer noch eine Übereinkunft mit den USA, die Ajatollah Chamenei verdeckt durch die Fraktion der Reformer anstrebt. Diese Situation war die Ursache für seine ständige Unentschlossenheit und Untätigkeit während des Völkermords. Nach dem Raketenbeschuss ging die Initiative direkt an Israel zurück, das weitere Massaker an Palästinensern, Hamas- und Hisbollah-Kämpfern und anderen beging.

Ein weiterer schwerer Schlag für die Hisbollah und den Iran war der Sturz der verhassten Assad-Diktatur in Syrien, die ihnen früher Nachschubwege für Waffen garantierte (siehe „Nur Antiimperialismus kann die Völker Syriens vereinen“, Spartakist Nr. 228, Frühjahr 2025). Die neue syrische Regierung hat sich von Anfang an klar gegen das „iranische Projekt“ ausgesprochen und hat an den westlichen Imperialismus appelliert, selbst nachdem Israel in den Süden Syriens einmarschiert ist und den höchsten Punkt des Landes erobert hat.

Allerdings kann sich die Haltung des neuen Regimes ändern. Israel hat mehrfach erklärt, dass das Gebiet südlich von Damaskus „entmilitarisiert“ werden soll, und behauptet, es sei bereit, zur Verteidigung der drusischen Minderheit in Damaskus einzumarschieren. Da sich diese Drohungen häufen, könnte das neue Regime unter Druck geraten, irgendeine Art von Reaktion zu zeigen, auch wenn diese angesichts der Spaltungen im neuen Staat äußerst schwach ausfiele. Anfang April gab das Regime Erklärungen ab, in denen es die israelische Präsenz angriff, und lokale Milizen in der Provinz Daraa (die nicht zur Miliz HTS gehören, die in Damaskus die Macht übernommen hat) waren in Kämpfe mit den israelischen Besatzungstruppen im Süden verwickelt. Es bleibt abzuwarten, wie weit Israel in Richtung Expansion gehen wird. In jedem Fall stellen die lokalen syrischen Milizen keine ernsthafte Bedrohung dar.

Israel schürt in Syrien den Sektarismus (d. h. die Spaltung entlang nationaler, ethnischer und konfessioneller Linien) und versucht, mit den alawitischen, christlichen und drusischen Minderheiten Verbindungen aufzubauen, die die Stützen des Assad-Regimes waren. Die jüngsten Massentötungen von Alawiten an der Küste machen jede Aussicht auf eine syrische Einheit unter dem neuen Regime zunichte. Bis zum Sturz Assads schien der 7. Oktober die Sunniten und Schiiten der Region gegen die israelische Aggression zu vereinen. Sein Sturz hat diese Fassade zerstört: Sunnitischer Sektarismus kommt im Libanon wieder zum Vorschein, Hamas und die Achse sind über Syrien gespalten, und das syrische Regime streitet mit der Hisbollah und der Achse.

Die Huthis sind die einzige Kraft in der Achse des Widerstands, deren Autorität gestärkt wurde. Trotz ständiger Bombardierungen durch die USA, Britannien und Israel ist es ihnen immer wieder gelungen, den Handel im Roten Meer zu stören und sogar Israel direkt anzugreifen. Während Trump versucht, wieder einmal durch Bomben ihre Unterwerfung zu erzwingen, gibt es kaum Anzeichen dafür, dass dies erfolgreicher sein wird als Bidens gescheiterte Kampagne. Dennoch sind die Huthis jetzt viel stärker isoliert. Die Verhandlungen des Iran mit den USA verheißen nichts Gutes für sie.

Israel

Die innenpolitische Situation Israels ist kompliziert. Die herrschende Klasse ist keine unabhängige Kraft, und seit der Suezkrise 1956 und vor allem seit dem Krieg von 1967 ist sie an den US-Imperialismus gebunden. Entscheidend in Israel ist, woher aus den USA der Wind bläst. Israels vorrangige Bedeutung lag nie in seinen Rohstoffen oder seiner Industrie, sondern in seiner Nützlichkeit als militärischer Außenposten, der dazu dient, die imperialistische Aufteilung und Ausbeutung des Nahen Ostens sicherzustellen. Der Zionismus liefert den Überbau, mit dem diese Rolle gerechtfertigt wird.

Seit Jahren tobt in der herrschenden Klasse Israels ein Fraktionskampf zwischen liberalen Zionisten, die mit dem Establishment von Militär und Geheimdienst und mit großen Technologieunternehmen verbunden sind, und rechten Zionisten, die von Netanjahu angeführt und von Siedlerorganisationen unterstützt werden. Der 7. Oktober unterbrach die konkurrierenden Massendemonstrationen dieser Fraktionen. Doch die Belastung durch den Krieg, die sich verschärfende Wirtschaftskrise, Trumps Wiederwahl und Netanjahus erneuter Vorstoß zur Runderneuerung des Justiz- und Sicherheitsapparats haben die Polarisierung wieder ans Licht gebracht. Regelmäßige Proteste zugunsten eines Geiselabkommens und weniger regelmäßige Demonstrationen der extremen Rechten zur Unterstützung der Fortsetzung des Völkermords sind ein Ausdruck davon. Die jüngsten Proteste gegen Netanjahus Entlassung von Ronan Bar, dem Chef von Schin Bet, gehören auch dazu.

Netanjahu hat sich als Verteidiger der Demokratie gegen den Staat im Staate präsentiert und die Justiz und den Sicherheitsapparat bekämpft, die nach wie vor von liberalen Zionisten und Aschkenasim (Juden europäischer Abstammung) beherrscht werden. Er hat die Frustrationen der Mizrachim (Juden nahöstlicher und nordafrikanischer Abstammung), die etwa die Hälfte der israelischen Gesellschaft stellen, erfolgreich ausgenutzt. Für sie bedeuteten der liberale Zionismus und die Kontrolle durch die Aschkenasim stets Verachtung und Diskriminierung in den Bereichen Wohnung und Arbeit. (Das erklärt auch, warum viele Mizrachim zu Siedlern im Westjordanland geworden sind.) Während die gesamte israelische Bevölkerung nach dem 7. Oktober in einen völkermörderischen Rausch versetzt wurde, hatte die Regierung wegen der Wut auf das liberale Establishment leichteres Spiel bei ihrer Argumentation, die einzige Lösung des palästinensischen „Problems“ sei die Endlösung.

Liberale Zionisten haben die ethnische Säuberung gegen Palästinenser und die Ziele von Eretz Israel immer unterstützt, aber dabei versucht, dies unter einem demokratischen Deckmantel zu tun (zumindest für Juden diesseits der Grünen Linie). Doch seit dem 7. Oktober ist die Farce von Israel als „der einzigen Demokratie im Nahen Osten“ international gründlich diskreditiert. Netanjahus Fraktion hat darauf gesetzt, dass sie die Farce nicht mehr aufrechtzuerhalten braucht, nicht einmal für Juden, während sie auf die Konsolidierung einer bonapartistischen, militarisierten Theokratie hinarbeitet. Durch Landraub, ethnische Säuberung und harte Schläge gegen die Achse des Widerstands ist es Netanjahu gelungen, die israelische Politik neu auszurichten, wobei der politische Raum für den liberalen Zionismus wegbröckelt. Selbst wenn die Liberalen an die Macht zurückkehren, wäre der politische Kontext ein anderer. Netanjahus Agenda würde man fortsetzen, nur unterschiedlich verpacken.

Die Gewerkschaftsbürokratie der Histadrut steht weiterhin voll und ganz auf der Seite der liberalen israelischen Bourgeoisie. Ihre Führer haben sich dem Völkermord verschrieben. Zu Beginn des Krieges signierte der Histadrut-Führer Arnon Bar-David stolz im Namen der Gewerkschaft eine Bombe, die auf Gaza abgeworfen werden sollte. In den letzten Jahren hatte die Histadrut jedes Mal, wenn sie einen Generalstreik startete, die Unterstützung von Teilen der herrschenden Klasse. Dennoch ist die Streikbewegung widersprüchlich: Während das Bewusstsein der Arbeiter immer noch liberal-zionistisch, chauvinistisch und feindlich gegenüber der palästinensischen Befreiung ist, spiegelt es auch die Wut über die Fortsetzung des Krieges wider. Kommunisten müssen in diese Streiks eingreifen, um zu zeigen, dass nationaler Chauvinismus eine Sackgasse ist, wenn es darum geht, den Kampf für die Befreiung der Geiseln, den Sturz der Regierung und die Verbesserung der Lebensbedingungen voranzutreiben, und dass die größten Verbündeten der Arbeiter in diesem Kampf die palästinensischen und arabischen Massen sind, die gegen den US-Imperialismus und die zionistischen Herrscher kämpfen.

Die Linke in Israel

Die Linke in Israel ist nach wie vor erschreckend klein und steckt in liberalem Liquidatorentum. Am bekanntesten sind die Kommunistische Partei Israels (CPI) und die erst kürzlich gegründete Gruppe Standing Together (ST), deren führende Mitglieder zum großen Teil vorher in der CPI waren. Beide haben auch eine gemischte arabische und jüdische Mitgliedschaft, wobei die CPI überwiegend arabisch ist. Beide Gruppen haben eine starke Tradition von Klassenkollaboration und liberalem Zionismus und unterstützen die Farce, dass Gleichheit für Palästinenser durch eine Zweistaatenlösung erreicht werden kann. Die CPI kapituliert sogar vor den Kräften der zionistischen Mitte, zum Beispiel als 2019 ihre Gruppe im Parlament für Benny Gantz als Premierminister stimmte.

Standing Together versucht unterdessen, eine links-populistische Bewegung im Stil der in Europa nach 2008 entstandenen linken Strukturen aufzubauen, die mit einer durchweg liberalen und moralistischen Politik die Palästinafrage für die Zionisten annehmbar machen soll. So werden beispielsweise Yahya Sinwar von der Hamas und Netanjahu in grotesker Weise gleichgesetzt als „zynische Politiker, die sich nicht um Menschenleben kümmern“. Trotz ihrer Geschichte von Kapitulation sind aber beide Gruppen, und insbesondere die CPI, oft die ersten Organisationen, an die sich arabische und antizionistische Jugendliche wenden, um zu kämpfen, insbesondere an den Universitäten. Um ihre besten Elemente zu gewinnen, müssen Marxisten in diesen Organisationen so intervenieren, dass sie begründen, warum ein Bruch mit dem Zionismus und dem US-Imperialismus notwendig ist, und darauf bestehen, wie sehr die Verpflichtung, für die Befreiung Palästinas einzutreten, unabdingbar ist für die Befreiung der israelischen Arbeiter.

Die Avantgarde des Zentrismus in Israel/Palästina ist die Socialist Struggle Movement (SSM) der Internationalen Sozialistischen Alternative. Während die SSM auf dem Papier dagegen ist, dass die ST „dem Druck des israelischen Chauvinismus/Nationalismus erliegt“, kapituliert ihr eigenes Programm vor dem liberalen Zionismus. Die SSM stellt so ziemlich die gleichen liberalen Forderungen auf wie ST, z. B. „Stoppt den Krieg“, „alle für alle“ (alle Geiseln/Gefangenen auf beiden Seiten sollten freigelassen werden) und für ein „Leben in Würde“. Und das, ohne direkt eine Seite mit dem palästinensischen Widerstandskampf zu beziehen.

Außerdem kapituliert die SSM vollständig vor der verrotteten Histadrut-Bürokratie. Während des israelischen Generalstreiks 2024 bestand ihre Hauptkritik an den durch und durch prokapitalistischen zionistischen Bürokraten darin, dass sie früher einen Streik hätten organisieren sollen und dass der (von einem Flügel der herrschenden Klasse unterstützte) eintägige Streik in einen 48-stündigen Streik umgewandelt werden sollte. Kommunisten sollten eine gemeinsame Arbeit mit der SSM anstreben und dabei deren Zugeständnisse an den Zionismus und den liberalen Charakter ihrer Interventionen entlarven.

Eine weitere Tendenz wird von der Internationalist Socialist League vertreten, der Sektion der Revolutionary Communist International Tendency (RCIT) in Israel/Besetztem Palästina. Die RCIT unterstützt den palästinensischen Widerstand und fordert die Zerstörung des israelischen Staates durch eine arabische Revolution unter Führung einer Arbeiterpartei. Doch ihre Interventionen beschränken sich allzu oft darauf, die Verbrechen Israels anzuprangern und dem palästinensischen Widerstand militärische Unterstützung zu geben. Wie viele andere Linke schlägt die RCIT nie eine alternative marxistische Strategie des Kampfes für die palästinensische Befreiung vor, die im Gegensatz zur Strategie der Nationalisten steht. Die andere Seite dieser Politik ist der Verzicht auf jede Perspektive, die israelische Gesellschaft entlang der Klassenlinie zu spalten. Auf diese Weise gibt die RCIT die Führungsrolle der Kommunisten zugunsten des nationalistischen Lagers auf und verwandelt Revolutionäre in bloße Cheerleader für nicht-kommunistische Kräfte (siehe „Polemics with Revolutionary Communist International Tendency on Israel/Palestine“, Spartacist Letters Nr. 1, November 2024).

Schließlich gibt es bei den ausdrücklich liberalen und moralistischen Linken das Phänomen der Kriegsdienstverweigerer, die israelische Jugendliche davon zu überzeugen versuchen, den Dienst in der Armee zu verweigern. Konkret bedeutet dies den Verzicht auf einen Kampf dafür, durch Klassenkampf die IDF von innen heraus zu schwächen. Trotz ihrer geringen Zahl und Bedeutung sollten diese Kräfte nicht ignoriert werden. Kommunisten müssen sie gegen Repression verteidigen und gleichzeitig darauf hinweisen, dass die einzige Möglichkeit, die zionistische Kriegsmaschinerie zu zerstören, darin besteht, die Armee entlang der Klassenlinie zu spalten und ein Bündnis mit den Werktätigen der gesamten Region zu bilden.

Perspektiven

Es ist klar, dass sich das Gleichgewicht der Kräfte zugunsten Israels verschoben hat. Die Achse des Widerstands hat schwere Schläge einstecken müssen und die internationale Palästina-Solidaritätsbewegung wird von verschiedenen westlichen Regierungen zerschlagen, allen voran von Trump. Da sich Israel kaum noch abschrecken lässt, ist mit einer langen Periode unaufhörlicher Aggression in verschiedenen Gebieten zu rechnen, von Gaza und dem Westjordanland bis zum Libanon und Syrien. Das wird eine explosive Entwicklung unter der Bevölkerung vorbereiten, auch wenn der Zeitrahmen nicht vorhergesagt werden kann. Bis dahin passen sich die nationalen bürgerlichen Kräfte im Nahen Osten der neuen Normalität an: Der Iran verhandelt mit den USA, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) versuchen nach den Rückschlägen für die Hamas ihren eigenen Einfluss zu vergrößern, Ägypten hält seine Grenze zum Gazastreifen weiterhin geschlossen und der Libanon und Syrien verzichten auf eine Verteidigung gegen Israels fortgesetzte Angriffe.

Das Waffenstillstandsabkommen erwies sich als ein Fetzen Papier, und der Umsetzung des „Trump-Plans“ zur ethnischen Säuberung des Gazastreifens durch Netanjahu steht wenig im Wege. Trotz Israels Wiederaufnahme seines Militäreinsatzes haben Trump und sein Gesandter Steve Witkoff ein neues Waffenstillstandsabkommen angedeutet. Wahrscheinlich wird die israelische Regierung bei einem Zustandekommen von „nachhaltiger Ruhe“ in Gaza versuchen, die Bevölkerung auszudünnen, indem sie möglichst vielen Einwohnern eine „freiwillige Migration“ anbietet. Würde sie mit einer vollständigen ethnischen Säuberung zu weit gehen, wäre dadurch vielleicht die Existenz der unterwürfigen arabischen Regime gefährdet, insbesondere Jordaniens und Ägyptens, die von ihrer Bevölkerung und aus den Reihen ihrer Armee unter Druck gesetzt werden, Israel den Krieg zu erklären. Bislang ist auch Saudi-Arabien der Ansicht, dass eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel unter den gegenwärtigen Umständen nicht in seinem Interesse wäre.

Inmitten der scheinbaren und vorübergehenden Einigkeit der arabischen Regime stellen die VAE einen Sonderfall dar. In ihrem Ringen um Einfluss auf Gaza führen sie eine Kampagne, die Hamas an den Rand zu drängen. Die in eine Sackgasse führende Strategie der Hamas hat diese pro-imperialistische Opposition ermutigt. Bei den jüngsten Protesten im Gazastreifen wurden wiederholt die Parolen der VAE-freundlichen Fatah-Fraktion von Mohammad Dahlan gerufen, in denen die Hamas als „Terroristen“ angeprangert und antischiitischer Sektarismus geschürt wird. In den jüngsten Folgen von Arab Cast, einem neuen, von den VAE finanzierten Podcast, sprachen sich prominente arabische Intellektuelle und Politiker für Verhandlungen mit Israel aus und unterstützten den VAE-Plan gegen die Hamas in Gaza. Wenn der US-Regierung und dem israelischen Regime der ursprüngliche „Trump-Plan“ zu kostspielig ist, könnten sie sich mit einem Abkommen zufriedengeben, wonach die VAE und Mohammad Dahlan eine gewisse Zeit lang irgendeine Version von Gaza verwalten. Jede Vereinbarung würde jedoch instabil sein.

Die Aufgaben von Kommunisten

Da die USA und Israel in der Offensive und die palästinensische Bewegung überall in der Defensive sind, muss es die Hauptaufgabe von Kommunisten sein, dafür zu kämpfen, dass die Bewegung für die Defensive stärker gerüstet ist. Während viele pro-palästinensische Aktivisten immer noch blind sind über den desolaten Zustand der Bewegung, sind andere enttäuscht und ernüchtert. Wir müssen beide Schichten erreichen und mit ihnen kämpfen, damit sie die Lehren aus der letzten Periode ziehen. Wir müssen ihnen dabei helfen, dass sie den Klassenursprung der gescheiterten Strategie ihrer Führer erkennen, und ein internationalistisches revolutionäres Programm für die nationale Befreiung vorlegen.

In Gaza ist die Situation extrem schwierig. Angesichts der erneuten völkermörderischen Kampagne Israels müssen Kommunisten bei der Verteidigung von Gaza an vorderster Front stehen, in einer Einheitsfront mit anderen Widerstandsorganisationen. Entscheidend ist der Kampf gegen die wachsende defätistische Stimmung und der Widerstand gegen die VAE-freundliche, pro-imperialistische Anti-Hamas-Bewegung in Gaza. Während deren Vertreter die reale Erschöpfung der Massen ausnutzen, legen sie den Grundstein für eine Kapitulation vor Israel, die für das palästinensische Volk nur eine Katastrophe sein kann. Im Kampf gegen diese Kräfte und im Widerstand gegen die IDF dürfen Kommunisten der Hamas keinen Zentimeter politische Unterstützung geben, sondern müssen deren bankrotte Strategie und Militärtaktik ständig entlarven. Trotz aller Widrigkeiten müssen Kommunisten versuchen, den Widerstand am Leben zu erhalten und den Druck auf die IDF aufrechtzuerhalten, um den Schaden ihrer verheerenden Kampagne zu begrenzen.

Jegliche Siege in diesem Kampf werden nicht allein aus Gaza kommen. Um der wachsenden defätistischen Stimmung entgegenzuwirken und vorwärtszukommen, ist eine Perspektive für die gesamte Region notwendig. Eine antiimperialistische Einheitsfront im ganzen Nahen Osten ist dringend erforderlich, um sich der erneuten Völkermordkampagne entgegenzustellen. Diese Notwendigkeit bestand zwar schon immer, aber dass nicht entsprechend gehandelt wurde, liegt einzig und allein an dem Verrat der verschiedenen Regime in der Region und an den Führern der palästinensischen Bewegung mit ihrem Vertrauen in diese Regime. Von den korrupten arabischen Herrschern bis hin zu den Klerikern im Iran und Erdoğan in der Türkiye haben alle gezeigt, dass ihre Priorität die Aufrechterhaltung ihrer brutalen Herrschaft ist. Sie werden keine nennenswerte Intervention zugunsten der Palästinenser riskieren.

Daher müssen Revolutionäre versuchen, eine antiimperialistische Einheitsfront aufzubauen, indem sie sich direkt an die Massen des Nahen Ostens wenden und sich gegen ihre Herrscher stellen – egal welche pro-palästinensischen Phrasen sie von sich geben. Indem eine solche Bewegung die massive Unterstützung für Palästina in der Region mit dem Kampf für die dringlichsten Bedürfnisse der Massen – gegen ihre verhassten Herrscher, die USA und Israel – verbindet, kann sie wirklich anfangen, den Status quo zu erschüttern. Auf diese Weise können auch konfessionelle, ethnische und nationale Spaltungen überwunden werden.

Eine solche Front muss auf die israelischen Arbeiter ausgeweitet werden. Ohne einen Bruch in der israelischen Gesellschaft entlang der Klassenlinie wird die Freiheit Palästinas weiterhin in ferner Zukunft liegen. Kommunisten müssen einen entschlossenen Kampf gegen die übrige Linke führen, indem sie deutlich machen, dass für die Emanzipation der israelischen Werktätigen ein Bruch mit den zionistischen Kräften und ihrer Ideologie notwendig ist. Die Kapitulation eines Großteils der Linken vor dem liberalen Zionismus ist die größte Gefahr für die revolutionäre Bewegung. Kommunisten müssen auch die Mizrachim erreichen und versuchen aufzuzeigen, dass ihre Unterdrückung nicht dadurch gelöst wird, dass sie sich weiter an den Zionismus klammern – nur um zu zeigen, dass sie „gute“ Juden sind –, sondern indem sie ihn ablehnen. Alle israelischen Arbeiter – besonders die Mizrachim – erreichen eine Verbesserung ihres Lebens in Wirklichkeit nur durch ein Bündnis mit den Arabern gegen die zionistischen Herrscher.

Die Arbeit in den IDF ist von größter Bedeutung. Die Armee erlebt bei den Verweigerungen ihre gravierendste Krise seit Jahrzehnten, da mehr als 100 000 Reservisten den Dienst verweigern. Dies zeigt, wie der Widerstand gegen einen verlängerten Krieg in den Reihen gärt. Kommunisten müssen in die Armee gehen und versuchen, die Unzufriedenheit der Soldaten auf die Klasseninteressen zuzuspitzen, in dem sie den völkermörderischen Charakter dieses Krieges entlarven.

Im Westen besteht für Kommunisten die erste Aufgabe darin, zu erkennen, dass die Bewegung geschlagen und isoliert ist, und zu verstehen, warum dies der Fall ist. Die Bewegung wurde von Liberalen und manchmal von direkten Vertretern der Imperialisten geführt (Demokraten in den USA, Labour-Unterstützer in Britannien, Mélenchon-Anhänger in Frankreich usw.). Mit solchen Führern und geprägt durch liberale Politik hat es die Bewegung nicht geschafft, Verbindungen mit der Arbeiterklasse aufzubauen. Sie präsentierte sich vielmehr als moralische Haltung für aufgeklärte Menschen, statt als ein proletarischer klassenkämpferischer Pol. Das erklärt, warum sie keine nennenswerten Erfolge erzielen konnte. Und es gab den meisten Gewerkschaftsführern die Möglichkeit, so gut wie nichts für die Bewegung zu tun, abgesehen von gelegentlichen Solidaritätsbekundungen. Es ist dringend notwendig, dass Kommunisten eingreifen, um die Palästina-Bewegung wieder aufzubauen, aber auf einer klaren proletarischen und antiimperialistischen Grundlage. Nur durch die Verbindung der Frage von Palästina und Imperialismus mit dem Kampf für die elementaren Lebensbedingungen der Arbeiter kann die Bewegung zu einer wirklichen Kraft werden. Die Aktivisten müssen verstehen, dass eine Anbiederung an liberale Politiker und Gewerkschaftsbürokraten, die sich schützend vor die herrschende Klasse stellen, die Bewegung nur behindert.

Da im Westen der Wind der Reaktion bläst, sind Aktivisten verschärfter Repression ausgesetzt. Von Anasse Kazib in Frankreich über Michael Pröbsting in Österreich bis hin zu Mahmoud Khalil in den USA: Die herrschende Klasse will an prominenten Aktivisten ein Exempel statuieren. Der Wiederaufbau der Bewegung muss mit Kampagnen gegen dieses harte Vorgehen beginnen, das nur ein Teilaspekt des umfassenderen Feldzugs der herrschenden Klasse ist, die Gesellschaft unter einem reaktionären Status quo zu reglementieren.

Seit Beginn des Krieges hat die IKL ständig für eine marxistische Strategie der palästinensischen Bewegung gekämpft, gegen deren liberale und nationalistische Sackgassen. Bei unserer, leider meist auf die westliche Welt beschränkten, Intervention haben wir unermüdlich davor gewarnt, dass die Bewegung ohne eine grundlegende Neuorientierung vor einer Niederlage steht. Unser Feuer haben wir besonders auf einen Großteil der sozialistischen Linken gerichtet. In unserem Artikel „Marxisten & Palästina: 100 Jahre Versagen – Lehren und Perspektiven“ (Spartacist, deutschsprachige Ausgabe Nr. 35, Dezember 2024) schrieben wir:

„Aber die Palästinenser stehen vor der Vernichtung, nicht vor der Befreiung. Um dem palästinensischen Kampf einen Weg nach vorn zu weisen, muss man als erstes die Wahrheit über die gegenwärtige Situation sagen. Weit davon entfernt, jubeln die meisten marxistischen Gruppen international die Bewegung hoch, während diese auf ihre Niederlage zusteuert. Anstatt für einen anderen Kurs zu kämpfen, folgen sie der Führung der Bewegung, ob liberal oder nationalistisch. So sind die sogenannten Marxisten zwar im Kampf allgegenwärtig, aber für dessen Ausgang weitgehend irrelevant.“

Unsere Warnungen wurden mit dem Vorwurf des Pessimismus beantwortet und als Argument wurde uns entgegengehalten, wie viele Menschen sich doch in der Bewegung engagierten, die auf der Welle einer unaufhaltsam ansteigenden Flut vorankäme. Leider hat uns die derzeitige katastrophale Lage recht gegeben. Die erste Pflicht eines jeden ernsthaften pro-palästinensischen Kämpfers muss es sein, sich mit den Ursachen des bisherigen Scheiterns direkt auseinanderzusetzen. Das ist der erste Schritt, um vorwärtszukommen.