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Nachfolgend drucken wir das Flugblatt des Komitees von Hafenarbeitern für eine kämpferische ver.di ab, veröffentlicht im Juni 2025, vor der Tarifrunde. Für alle überraschend wurde gleich beim ersten Verhandlungstermin unterschrieben. Auch angesichts der deutschen Unterstützung der Ukraine und Israels, der Aufrüstung und der Sozialkürzungen, die gerade erst angefangen haben, wollten die Hafenbosse dieses Jahr Ruhe im Karton haben und (Warn-)Streiks verhindern. Sie haben der Bundestarifkommission die Pistole auf die Brust gesetzt und das altbekannte Spiel mit der Angst durchgezogen: „Wenn ihr jetzt nicht gleich das Angebot unterschreibt, bleiben die Schiffe weg.“ Noch ein paar „Gespräche“ im kleinen Rahmen zwischen Hafenbossen und Gewerkschaftsführern in Hinterzimmern und die Sache war geritzt. Die BTK hat es zwar mit überwältigender Mehrheit, aber bei drei kämpferischen Gegenstimmen abgesegnet. Wenn die Bosse so einen Druck haben, wäre mehr drin gewesen. Kollegen hatten schon im Vorfeld vor der Verhandlungsführung gewarnt, die bekanntermaßen mit den Bossen kungelt. Wir brauchen eine Gewerkschaftsführung, die sich nicht erpressen lässt! Es ist die Aufgabe der Führung und der Aktiven, dagegenzuhalten. Ver.di-Offizielle reden die 3,1 Prozent Lohnsteigerung damit schön, dass es über der offiziellen Inflationsrate von angeblich 2,2 Prozent liegt. Aber die Reallohnverluste der letzten Jahre wurden nicht wettgemacht.
Zwar gibt es einen weiteren freien Tag pro Jahr für ver.di-Mitglieder, aber das wird dem Thema Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich auch nicht gerecht, dabei wäre das die Antwort auf Automatisierung und Überalterung. Die prozentuale Erhöhung bedeutet, dass die unteren Lohngruppen, mit denen z. B. die Lascher abgespeist werden, weniger steigen als die hohen Lohngruppen. Die Spaltung der Hafenarbeiter in zahlreiche verschiedenste Tarifuntergruppen wurde nicht aufgegriffen und geht damit weiter. So ist es auch kein Wunder, dass bei der Befragung der Gewerkschaftsmitglieder zum Tarifabschluss dieser bei ADM („Ölmühle“) am schlechtesten bewertet wurde, ein Bereich, in dem die Ungleichbehandlung besonders krass ist. Geld ist das eine, aber wir brauchen auch gute Arbeitsbedingungen und Gleichheit und Zusammenhalt, um unsere Kampfkraft zu stärken. Diese Themen wurden nicht gelöst. Gerade seit dem Abbruch der Warnstreiks in der Tarifrunde 2022 seitens der ver.di-Führung und dem dementsprechend schlechten Abschluss ist die Stimmung ziemlich mies. Und mit dem jetzigen Abschluss ist die Situation nicht leichter geworden. Viele sagen, „der Abschluss ist nicht super, aber es hätte auch schlimmer kommen können“. Ja, aber der Druck auf uns steigert sich auch. Das müssen wir durchbrechen!
Wofür soll ver.di kämpfen? Bei der letzten Hafenkonferenz in Undeloh stand Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich ganz oben auf der Liste. Eine richtige Forderung. Aber Fakt ist auch: Der Wind bläst gerade aus der anderen Richtung. Wir sollen mehr arbeiten und den Gürtel enger schnallen. Im Kampf für unsere Interessen stoßen wir auf den Widerstand nicht nur der Hafenbosse, sondern auch der Regierung. Sie will, dass wir die Kosten für das 5-Prozent-Ziel der NATO und ihren immer aggressiveren Kriegskurs tragen. Aber die ver.di-Führung steht hinter der NATO und der Regierung. Daher stellt sie sich gegen einen entschlossenen Kampf, der den Bossen wirklich wehtut, den Hafen lahmlegt und den Kurs der Regierung torpediert.
In der letzten Tarifrunde hat sich das besonders krass gezeigt: Die ver.di-Führung hat dem SPD-Senat geholfen, den MSC-Deal gegen den Willen der Hafenarbeiter durchzudrücken! Genau dagegen haben wir das Komitee von Hafenarbeitern für eine kämpferische ver.di gegründet – mit der Forderung, die Tarifrunde mit dem Kampf gegen den MSC-Deal zu verbinden und einen hafenweiten Streik durchzuführen. Wir haben versprochen, dass wir nicht lockerlassen. Die ver.di-Führung will die Tarifrunde auch dieses Mal auf eine reine Lohnforderung reduzieren und der Regierung den Rücken freihalten – mit dem Ergebnis, dass wir am Ende wieder einen mickrigen Abschluss bekommen, der schon am nächsten Tag von der Inflation wieder aufgefressen wird. Um wirklich etwas in der Tarifrunde zu erreichen, darf ver.di nicht länger die Kriegs- und Regierungspolitik unterstützen, sondern muss sich gegen sie stellen.
Wir Hafenarbeiter können konkret etwas gegen die Machenschaften unserer Regierung tun – zum Beispiel gegen ihre Unterstützung für Israel. Wir dürfen nicht zulassen, dass Israel, der Handlanger der USA und Deutschlands, mit der Vernichtung von Palästina und dem Feldzug gegen Iran durchkommt. Ansonsten werden weitere Angriffe folgen, gegen andere Länder und gegen uns Arbeiter. Kollegen in Göteborg, Genua, Piräus und anderen Häfen haben es vorgemacht und Waffenlieferungen an Israel gestoppt. In Marseille weigerten sich die CGT-Hafenarbeiter, einen Container mit Maschinengewehren für Israel zu verladen. Wir unterstützen unseren palästinensischen Kollegen Mo, der von ver.di konkrete Aktionen dieser Art verlangt. Doch die ver.di-Führung klebt an der Staatsräson für Israel.
Damit lässt sie nicht nur Mo hängen, sondern uns alle. Es geht hier nicht um eine moralische Frage, sondern um die Interessen von uns Arbeitern. Am Beispiel der Ukraine ist das vielleicht greifbarer: Für die NATO-Sanktionen gegen Russland und die Waffenlieferungen an die Ukraine bezahlen wir den Preis mit Inflation, Deindustrialisierung und Aufrüstung.
Mit der Aggression gegen andere Länder geht auch Unterdrückung hierzulande einher: Wer sich gegen den antirussischen Kriegskurs stellt und russisches Gas und Öl wieder reinlassen will, wird als Rechter oder „Putinfreund“ gebrandmarkt. Und genauso werden Muslime, Palästinenser und Palästina-Aktivisten, die sich gegen den Völkermord stellen, als „Antisemiten“ verleumdet, entlassen und mit Entzug der Staatsbürgerschaft bedroht. Jeder Widerstand gegen die herrschende Linie soll gebrochen werden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch streikende Arbeiter dran sind.
Schluss damit! Nutzen wir unsere Macht, nicht als einzelne, sondern gemeinsam unter Schutz und Führung unserer Gewerkschaft: ver.di muss die Waffenlieferungen an Israel und die Ukraine stoppen!
Auch in Friedenszeiten hat die ver.di-Führung die arbeiterfeindliche Regierungspolitik unterstützt. Sie hat die ganzen Verschlechterungen im Hafen mitgetragen: Lohndrückerei, Auslagerungen, ein Flickenteppich von Tarifverträgen. Das hat uns Hafenarbeiter weiter gespalten und die Kampfkraft unserer Gewerkschaft geschwächt. Die BTK will das Problem bei den Verhandlungen zum Rahmentarifvertrag angehen, getrennt von der Lohnrunde, und hat „Änderungsbedarf“ formuliert. Unser Änderungsbedarf ist klar: Das ganze System von Spaltungen und Ungleichheiten muss vom Tisch! Ein Hafen, ein Kampf, ein Tarifvertrag! Und ver.di muss diese Frage mit der Lohnrunde verbinden. ver.di muss nicht nur in Worten, sondern in Taten die Interessen aller Hafenarbeiter vertreten und diese für unseren gemeinsamen Kampf mobilisieren! Es muss handfeste Verbesserungen und kräftige Lohnerhöhungen für uns alle geben.
Ein paar Forderungen von Kollegen, die wir gut finden: Massive Lohnerhöhung für die gefährliche und harte Arbeit der Lascher! Höhere Eingruppierung der Handwerker und Lascher! Streichung der untersten drei Lohngruppen! In vielen Gesprächen kommt Unzufriedenheit mit Vorgesetzten und dem Nasenfaktor bei den Einteilungen zum Ausdruck. Ausländische und muslimische Kollegen arbeiten oft zu schlechteren Bedingungen. Aus unserer Sicht gibt es eine faire Lösung für alle: gewerkschaftliche Kontrolle über Einstellungen und Einteilung der Arbeit! Momentan brummt es noch in Hamburg, es wird eingestellt. Aber schon bald haut die Krise richtig rein, dann ist Schluss damit. Dann stehen die Älteren wieder allein mit der Arbeit da – und die Jugend hat keine Perspektive. Schluss mit Befristung! Unbefristete Einstellung für alle!
Der nächste Schritt: eine hafenweite ver.di-Versammlung!
Jetzt geht es darum, all das durchzusetzen. Eine Idee in Undeloh war die Einberufung einer hafenweiten ver.di-Versammlung, die demokratisch die Forderungen für die Tarifrunde festlegen soll. Richtig! Wir hören schon die Standard-Ausrede der ver.di-Führung: „Zu den Versammlungen kommt doch eh keiner!“ „Die Arbeiter sind selbst schuld, weil sie nichts machen!“ Damit will sie verhindern, dass eine Versammlung einberufen wird, auf der wir Hafenarbeiter den weiteren Kurs unserer Gewerkschaft bestimmen. Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass die Versammlung stattfindet und es kein Weiter-So gibt!
Notruf 040, Fachbereich Maritime Wirtschaft: Eure Forderungen in Undeloh fanden wir richtig. Wo sind sie geblieben? Wir wissen, dass viele von euch nicht die Politik der obersten ver.di-Führung teilen. Also lasst uns gemeinsam für einen Kurswechsel von ver.di kämpfen!
— Komitee von Hafenarbeitern für eine kämpferische ver.di
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