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4. OKTOBER – In dem Jahr nach dem 7. Oktober hat die zionistische Höllenmaschine Zehntausende von Palästinensern massakriert. Jetzt droht sie durch ständige Eskalation mit einem großen regionalen Krieg. Im April bombardierte Israel die iranische Botschaft in Syrien, im Juli ermordete es den Hamas-Führer Ismail Haniyeh in Teheran, und seither hat es eine Offensive gegen die Hisbollah gestartet, Tausende von Pagern explodieren lassen, ihre Führer – darunter Hassan Nasrallah – getötet und den Südlibanon überfallen. Als Reaktion auf Israels Verbrechen haben Millionen Menschen demonstriert, der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat eine Untersuchung eingeleitet, und Iran und Hisbollah haben Raketen auf Israel abgefeuert. Doch nichts scheint Israels Eskalation aufhalten zu können.
Das liegt zum Teil daran, dass Netanjahus Regierung aus Schlächtern und Fanatikern ihr Ziel klar vor Augen hat: die ethnische Säuberung der Palästinenser vom Fluss bis zum Meer. Das Hindernis, mit dem sie konfrontiert ist, besteht darin, dass der Iran in den letzten Jahrzehnten die militärische Vorherrschaft Israels in der Region schrittweise untergraben hat. Der Iran hat nicht nur moderne Waffen entwickelt, einschließlich der Technologie für Atomwaffen, sondern auch die verheerenden US-Kriege in der Region genutzt, um ein Netzwerk mächtiger Milizen zu konsolidieren. Diese Entwicklungen werden als existenzielle Bedrohung für Israels zionistisches Projekt angesehen.
Jetzt sieht die zionistische Rechte eine historische Chance, dem Iran einen vernichtenden Schlag zu versetzen. Israels Bevölkerung ist seit dem 7. Oktober in einen völkermörderischen Rausch versetzt worden, sein internationales Ansehen ist bereits zerstört, und die USA versprechen bedingungslose Unterstützung. Vor diesem Hintergrund glaubt Netanjahu, dass er durch eine kontinuierliche Eskalation des Konflikts entweder eine weitgehende Kapitulation des Irans und seiner Verbündeten erreichen oder die USA in einen direkten Krieg mit der Islamischen Republik hineinziehen kann. In beiden Fällen hofft er, eine ungehinderte Expansion in das verbleibende palästinensische Gebiet und die langfristige Verteidigung der Grenzen Israels sicherzustellen.
Die Frage bleibt jedoch bestehen: „Warum kann niemand Netanjahu aufhalten?“ In einigen Fällen ist die Antwort offensichtlich. Die USA mögen einen Krieg mit dem Iran derzeit nicht für wünschenswert halten, aber das ist völlig zweitrangig gegenüber ihrer Verpflichtung, Israel in jedem Fall zu verteidigen. Selbst wenn Biden nicht senil wäre, würde der Mangel an politischer Entschlossenheit, Israels Aggression zu stoppen, bestehen bleiben. Was die Regierungen Britanniens, Deutschlands, Frankreichs, Japans und anderer fortgeschrittener „Demokratien“ betrifft, so sind sie Kriecher, die sich der Aufrechterhaltung der US-Weltordnung verschrieben haben, selbst wenn dies zur Zerstörung ihrer eigenen Volkswirtschaften führt. Sie sind nicht bereit, auch nur irgendwie Ärger zu machen.
Aber was ist mit den Kräften, die sich gegen Israel stellen, wie etwa der Iran? Oder mit den Millionen, die gegen den Völkermord in Gaza demonstriert haben? Warum ist es ihnen nicht gelungen, die blutige Spirale in Vorderasien zu stoppen? Hier müssen wir nicht nur das militärische Kräfteverhältnis betrachten, sondern auch die politischen Aussichten der verschiedenen Gegner von Netanjahu untersuchen. Wie wir sehen werden, liegt der wahre Grund dafür, dass seine Regierung nicht gestoppt werden konnte, darin, dass seine Gegner kein kühnes und kohärentes Programm haben, um den Zionismus besiegen und die imperialistische Herrschaft über die Region abschütteln zu können.
Die Wahl des Ajatollahs: Kapitulation oder Dschihad?
Als erstes müssen wir uns die vom Iran angeführte Achse des Widerstands ansehen, zu der auch die Hisbollah und die Huthis im Jemen gehören. Im Gegensatz zu den meisten anderen muslimischen Regimen, die Israel in Reden verurteilen, in der Praxis aber auf der Seite der USA stehen, haben sich das iranische Regime und seine Verbündeten direkt mit Israel angelegt, unter anderem durch den Abschuss von Raketen auf sein Territorium. Dennoch beweisen Machtdemonstrationen wie die vom 1. Oktober nicht, dass sich die Achse des Widerstands für die Befreiung der Palästinenser einsetzt oder dass sie irgendeinen schlüssigen Plan hat, um Israel oder, noch wichtiger, die USA zu besiegen. Tatsächlich ist genau das Gegenteil der Fall.
Die oberste Priorität der iranischen Machthaber ist die Aufrechterhaltung des theokratischen schiitischen Regimes. Seit es durch den Sturz des Schahs, einer US-Marionette, errichtet wurde, steht das Regime in ständigem Konflikt mit den imperialistischen Interessen in der Region. Gleichzeitig schränkt der theokratische und kapitalistische Charakter des Regimes die Fähigkeit des Irans ein, den Imperialismus dadurch zurückzudrängen und zu besiegen, dass er die Völker Vorderasiens in einem gemeinsamen Kampf vereinigt.
Die Probleme des iranischen Regimes beginnen bei der eigenen Bevölkerung, von der viele das Leben unter der Peitsche des islamischen Gesetzes und der Mullahs hassen. Vor allem Frauen werden die grundlegendsten demokratischen Rechte verweigert, darunter auch das Recht, selbst über ihre Kleidung zu entscheiden. Im Iran leben auch verschiedene Nationalitäten und religiöse Gruppen, die unter Unterdrückung und Verweigerung der nationalen Rechte leiden. Diese internen Spannungen traten bei der sozialen Explosion im Jahr 2022 nach dem Tod von Jina Amini in Polizeigewahrsam deutlich zutage.
Diese angespannte innere Situation bedeutet, dass jede Bedrohung, die von den Imperialisten und Israel ausgeht, durch die Stabilisierung der inneren Front ausgeglichen werden muss, die den regierenden Klerikern in vielerlei Hinsicht gefährlicher erscheint. Dies erklärt, warum der Ajatollah inmitten des israelischen Völkermords in Gaza Massud Peseschkian erlaubte, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren und auf einer Plattform zur Beschwichtigung des Westens gewählt zu werden. Dies war keine Kehrtwende, sondern eine logische Folge der verkündeten Doktrin der „strategischen Geduld“ gegenüber Israel. Der reformorientierte Flügel des Regimes glaubt, dass er, wenn er eine direkte Konfrontation mit Israel vermeiden und vom Westen wirtschaftliche Zugeständnisse erhalten kann, in der Lage sein wird, die internen Spannungen abzubauen und die Stabilität des Regimes zu sichern.
Die Reformer sind sich bewusst, dass der Preis für solche Zugeständnisse darin besteht, den Palästinensern und ihren anderen Verbündeten in den Rücken zu fallen. Ende September, während Israel die Hisbollah – Irans wichtigsten Verbündeten in der Region – aktiv enthauptete, war Präsident Peseschkian in New York, um für die Wiederaufnahme der Atomverhandlungen von 2015 zu werben. Die schockierende Untätigkeit angesichts der israelischen Aggression gegen den Libanon wurde von einem Insider des Regimes in der Financial Times (26. September) mit den Worten gerechtfertigt: „Zwangsläufig werden einige wichtige Fragen zugunsten dringenderer Fragen zurückgestellt, zumindest vorübergehend. Das ist der Preis, den man zahlt, wenn man sein Vorgehen im Kampf anpasst.“
Es gibt natürlich noch einen anderen Flügel der herrschenden Klasse, die sogenannten „Hardliner“, die im Inneren eine drakonischere religiöse Ordnung durchsetzen und gegenüber Israel einen konfrontativeren Kurs verfolgen wollen. Es ist in der Tat möglich, dass der Iran in einem langen Zermürbungskrieg mit Israel und den USA als Sieger hervorgehen könnte. Dies würde jedoch zu einem schrecklichen Preis und unter großem Risiko für das Regime geschehen.
Natürlich sind die Vereinigten Staaten und Israel militärisch sehr stark. Hinzu kommt jedoch, dass die Kriegsanstrengungen des Irans durch seinen religiösen Charakter behindert würden. Angesichts des Charakters der Islamischen Republik würde jeder Krieg weitgehend auf schiitischem Sektierertum beruhen. Auf dieser Grundlage ist es unmöglich, die Völker der gesamten Region gegen Imperialismus und Zionismus zu vereinen. Ein solcher Krieg würde einen großen Teil Vorderasiens entfremden und es dem Feind – und den sunnitischen Regimen, die der Schia feindlich gegenüberstehen – leicht machen, religiöse und nationale Konflikte unter den verschiedenen unterdrückten Gruppen zu schüren. Dieser Überlegung zufolge wird ein Krieg mit Israel sehr viel kostspieliger und sein Ausgang für die herrschenden Kleriker sehr viel ungewisser.
Der Libanon liefert ein gutes Beispiel für dieses Problem. Die französischen Kolonialisten haben den Libanon bewusst entlang konfessioneller Linien aufgebaut, um die verschiedenen religiösen Gruppen gegeneinander auszuspielen und ihre Herrschaft aufrechtzuerhalten. Doch anstatt diese Spaltung zu überwinden und sich darum zu bemühen, Sunniten, Schiiten und Christen gegen den Imperialismus und Israel zu vereinen, hat der Iran seine Bemühungen auf den Aufbau der Hisbollah konzentriert, einer auf der schiitischen Gemeinde basierenden Miliz. Dies bedeutet, dass die Hisbollah in jedem Konflikt mit Israel nicht nur dem äußeren Feind gegenübersteht, sondern auch die Beziehungen zu anderen religiösen Gruppen im Libanon ausgleichen muss. Diese Überlegung ist sicherlich ein wichtiger Faktor für die Zurückhaltung der Hisbollah seit dem 7. Oktober.
Es liegt auf der Hand, dass weder die Hisbollah noch der Iran sich zutrauen, Israel zum jetzigen Zeitpunkt zu konfrontieren. In den letzten Wochen konnte Netanjahu die Unentschlossenheit und das Zaudern seiner Gegner mit verheerender Wirkung ausnutzen. Israel gelang es, die Führung der Hisbollah zu enthaupten und den Iran als unzuverlässigen Verbündeten bloßzustellen. Angesichts der Demütigung reagierte das iranische Regime schließlich mit dem Abschuss einer Salve von 180 ballistischen Raketen auf Israel. Nun liegt die Initiative wieder bei Israel, das entscheiden wird, ob es den Konflikt weiter eskalieren will.
Man muss bedenken, dass es keineswegs sicher ist, dass ein totaler Krieg im Nahen Osten die Position der USA und Israels stärken würde – tatsächlich ist eher das Gegenteil wahrscheinlich. Um die Befreiung der Palästinenser und die Emanzipation der Arbeiterklasse voranzubringen, kann man nicht auf die Achse des Widerstands zählen. Erforderlich ist vielmehr ein Programm, das sich unnachgiebig gegen den Imperialismus stellt und die Völker des Nahen Ostens vereinen kann. Die Säulen eines solchen Programms müssen sein:
- Verteidigt Gaza, das Westjordanland, den Jemen, den Libanon und den Iran gegen zionistische und imperialistische Angriffe!
- Nationale Befreiung Palästinas und Anerkennung der vollen nationalen Rechte, einschließlich des Selbstbestimmungsrechts für alle Nationen!
- Keine Staatsreligion, kein Aufzwingen des Schleiers!
- Verstaatlicht das Eigentum der Imperialisten und ihrer einheimischen Handlanger!
Liberaler Zionismus: reaktionär und impotent
Trotz des Wunschdenkens der Ideologen der Achse des Widerstands ist Israel kein Papiertiger. Es wird nicht zusammenbrechen, wenn sein Narrativ entlarvt wird oder wenn es wirtschaftliche Schläge erleidet – selbst schwere. Die beiden Säulen der Stärke Israels sind die Unterstützung durch die USA und die Existenz einer konsolidierten jüdischen Nation auf dem Gebiet Palästinas. Das bedeutet, dass selbst wenn es möglich wäre, Israel eine verheerende militärische Niederlage zuzufügen, die seine Existenz in Frage stellen würde, kein Zweifel daran besteht, dass die Zionisten in der Lage wären, katastrophale Zerstörungen anzurichten, und dass ein Großteil der israelischen Bevölkerung bis zum bitteren Ende für ihre nationale Existenz kämpfen würde. Die militärische Konfrontation der gesamten israelischen Nation garantiert ein Maximum an Widerstand und Zerstörung. Wenn man es mit der palästinensischen Befreiung ernst meint, muss man daher eine Strategie verfolgen, um die nationale Einheit Israels zu untergraben und einen wichtigen Teil der Bevölkerung vom Zionismus zu brechen.
Die letzten Jahre haben gezeigt, dass es in Israel tatsächlich erhebliche Risse gibt. Die Spannungen innerhalb Israels spiegeln das unaufhaltsame Abgleiten des Landes in eine totalitäre, militarisierte Theokratie wider, auch für Juden. Diese Entwicklung zeigt, dass eine Gesellschaft, die auf nationaler Unterdrückung beruht, nicht nur die Unterdrückten – in diesem Fall die Palästinenser – erniedrigt, sondern auch die unterdrückende Nation in die Barbarei treibt.
Sowohl die Massendemonstrationen von 2023 gegen Netanjahus antidemokratische Justizreform als auch die jüngsten Demonstrationen, die einen Waffenstillstand zur Befreiung der Geiseln in Gaza forderten, waren Bewegungen, die sich auf den liberalen Flügel der zionistischen herrschenden Klasse stützten. Dieser Teil der israelischen Gesellschaft wehrt sich gegen die kriegerischsten und theokratischsten Aspekte der Regierungspolitik und bekennt sich gleichzeitig uneingeschränkt zum Zionismus, d. h. zur nationalen Unterdrückung der Palästinenser. Dies verleiht dem liberalen Zionismus einen reaktionären Charakter. Das bedeutet auch, dass er dem rechten Flügel der israelischen Gesellschaft völlig hilflos gegenübersteht.
Die Logik des Zionismus ist so, dass die wütendste und konfrontativste Fraktion der herrschenden Klasse immer konsequenter sein wird als diejenigen, die sich in hochgesinnte Ideale hüllen, während sie das historische Verbrechen der palästinensischen Enteignung weiter verteidigen. Der Bankrott der liberalen zionistischen Bewegungen zeigt sich deutlich daran, dass sie sich in dem Moment verflüchtigen, in dem sich die Frage der nationalen Verteidigung Israels in irgendeiner Weise ernsthaft stellt. Nach dem 7. Oktober beeilten sich einige von Netanjahus schärfsten Gegnern, seiner Regierung der nationalen Einheit beizutreten. Und nach Israels Offensiven gegen den Libanon hat sich die Bewegung zur Befreiung der Geiseln sofort selbst demobilisiert. Im Grunde genommen kann es keine ernsthafte Opposition zu Netanjahus Fanatikerbande geben ohne einen politischen Bruch mit dem Zionismus und eine Verteidigung der palästinensischen Befreiung.
In Israel gibt es kleine Kräfte, die sich gegen die Unterdrückung der Palästinenser stellen. Sie sehen sich zwar intensiver Unterdrückung ausgesetzt, versäumen es aber, sich dem Hindernis zu stellen, das der liberale Zionismus darstellt. Im Falle von Gruppen wie der Internationalist Socialist League (die der Revolutionär-Kommunistischen Internationalen Tendenz RCIT angeschlossen ist) lautet das Argument, dass im Grunde, da Israel ein Siedler-Kolonialstaat ist, nichts getan werden kann, um die israelische Arbeiterklasse vom Zionismus zu brechen. Für sie besteht die Aufgabe einfach darin, in liberaler Solidarität mit den Palästinensern zu stehen, ohne zu versuchen, die israelische Gesellschaft zu beeinflussen. Dann gibt es Leute wie Socialist Struggle (die der ISA, in Deutschland SAV, angehören), die liberale zionistische Bewegungen bejubeln. So begrüßten sie beispielsweise den eintägigen Generalstreik Anfang September, ohne sich jedoch gegen den Zionismus auszusprechen, und kehren die Tatsache unter den Teppich, dass er von einer Gewerkschaftsbürokratie organisiert wurde, die sich ganz der nationalen Unterdrückung der Palästinenser verschrieben hat. In beiden Fällen ist man nicht bereit oder nicht in der Lage, sich mit den tief verwurzelten zionistischen Überzeugungen der Arbeiter auseinanderzusetzen.
Um die israelische Gesellschaft zu knacken, muss man über die Ideen in den Köpfen der Einzelnen hinausgehen und die materiellen Interessen der verschiedenen Klassen betrachten. Während Israel aufgrund seiner Rolle als Schläger der Imperialisten in der Region von einem höheren Lebensstandard profitiert, sind die Bedingungen für israelische Arbeiter – einschließlich jüdischer Arbeiter – nicht gut. Die palästinensische Unterdrückung kommt jüdischen Arbeitern nicht zugute – sie zieht sie nach unten, indem sie sie machtlos macht, ihre eigenen Interessen gegen patriotische Bosse und Machthaber zu verteidigen. Sie macht sie auch zu Vollstreckern der barbarischen Unterdrückung der Palästinenser, bedroht ihr Leben und das ihrer Familien und entwürdigt ihre eigene Menschlichkeit.
Der Schlüssel zur Lösung dieser Widersprüche liegt darin, den Zionismus mit einem Programm zu untergraben, das sich sowohl gegen seinen rechten als auch seinen liberalen Flügel richtet.
- Volle demokratische Rechte für alle Palästinenser vom Fluss bis zum Meer – solange die Palästinenser unterdrückt sind, werden die israelischen Arbeiter niemals frei sein.
- Brecht die Verbindung mit den USA ab – als Erfüllungsgehilfen des Imperialismus zu dienen wird niemals Sicherheit bringen.
- Umverteilung von kapitalistischem Land und Reichtum an Arbeiter und Palästinenser.
Harakiri für Harris
Um den israelischen Angriff zu stoppen, muss der Waffenfluss aus dem Westen, vor allem aus den USA, gestoppt werden. Im vergangenen Jahr gab es unzählige pro-palästinensische Demonstrationen und sogar eine kurzlebige, aber militante Studentenbewegung gegen den Völkermord in Gaza. In den letzten Wochen hat sich die Bewegung in den USA jedoch weitgehend selbst aufgelöst, um die Wahlchancen von Kamala Harris nicht zu beeinträchtigen, von der jeder weiß, dass sie sich voll und ganz für die Verteidigung Israels einsetzt.
Nichts symbolisiert die derzeitige Sackgasse mehr als die erbärmliche „Uncommitted“-Bewegung. Vor einigen Monaten ermutigte sie die Wähler der Demokratischen Partei bei den Vorwahlen, „uncommitted“ auf ihre Stimmzettel zu schreiben, um Druck auf die Parteiführung auszuüben. Obwohl Tausende dem Beispiel der Bewegung folgten, hat sie vorhersehbar nichts erreicht und wurde von den Demokraten in die Ecke gedrängt. Sogar die erbärmliche Forderung der Bewegung, einen einzigen palästinensischen Redner –egal welchen – auf dem Parteitag der Demokraten in Chicago sprechen zu lassen, wurde ihr verwehrt. Jetzt, nach wochenlangem Kriechen und mit nichts in der Hand, was ihre Bemühungen belohnt hätte, lehnte es die unengagierte Bewegung ab, Harris zu unterstützen, und plädierte stattdessen dafür, gegen Trump zu stimmen ... aber nicht für eine dritte Partei, d. h. für Harris zu stimmen.
Dieses jämmerliche Schauspiel – das von den meisten Linken auf Schritt und Tritt bejubelt wird – erklärt zu einem guten Teil, warum die palästinensische Bewegung im Westen so unwirksam war, wenn es darum ging, auch nur das geringste Zugeständnis herauszuholen, geschweige denn Waffenlieferungen zu stoppen. Anstatt eine Opposition der Arbeiterklasse gegen die beiden Parteien des US-Imperialismus aufzubauen, von denen jede darum wetteifert, zionistischer zu sein als die andere, hat die Bewegung versucht, die Demokratische Partei auf die Seite Palästinas zu ziehen. Wie absurd diese Strategie ist, zeigt die Tatsache, dass sogar die palästinensische amerikanische Kongressabgeordnete Rashida Tlaib, die den Zorn der gesamten US-Medien und des Establishments auf sich gezogen hat, in der Demokratischen Partei geblieben ist, die den Völkermord unterstützt. Dies zeigt, dass nicht die palästinensische Bewegung die Demokratische Partei beeinflusst hat, sondern dass die Bewegung sich für die Demokraten geopfert hat.
In der Zwischenzeit streikten Zehntausende von Boeing-Mechanikern und ILA-Hafenarbeitern. Obwohl die ILA in krimineller Weise weiterhin Waffen lieferte, verursachten die Streiks sicherlich mehr Störungen für die US-Waffenhersteller als alle Campus-Besetzungen zusammen. Das Problem ist, dass die pro-palästinensische Bewegung völlig unfähig ist, mit diesen Arbeitern in Kontakt zu treten, von denen viele das liberale Establishment bis auf die Knochen hassen und lieber Trump wählen würden. Im besten Fall halten die liberalen Aktivisten den Arbeitern moralische Vorträge, warum sie Palästina unterstützen sollten, im schlimmsten Fall behandeln sie konservative Arbeiter mit Verachtung und als „Teil des Problems“.
Was die Liberalen übersehen, ist der grundlegende Punkt, dass es nicht im Interesse der amerikanischen Arbeiter ist, Raketen zu verschiffen, die Tod und Chaos in der Welt verursachen. Es sind die Kinder amerikanischer Arbeiter, die als erste geschickt werden, um für die Profite des US-Imperialismus zu töten und getötet zu werden. Viele Arbeiter wissen instinktiv, dass die zunehmende Unsicherheit und Prekarisierung, mit der sie in ihrem täglichen Leben konfrontiert sind, viel mit Amerikas ewigen Kriegen zu tun haben. Anstatt einen Kotau vor der Partei zu machen, die Völkermord begeht und Streiks bricht, und anstatt zu versuchen, der Arbeiterklasse liberales Gefasel aufzutischen, muss die pro-palästinensische Bewegung versuchen, die palästinensische Sache mit der Emanzipation der Arbeiterklasse in den USA selbst zu verbinden.
- Stoppt Waffenlieferungen an Israel! Die Verbrechen der USA im Ausland gehen auf Kosten der Arbeiter im eigenen Land.
- Für die Befreiung der Schwarzen, für die Befreiung der Palästinenser!
- Gegen Demokraten und Republikaner! Für eine Arbeiterpartei – Wählt die PSL!
Wo sind die BRICS?
Ein wirksames Bündnis ist eines, bei dem das Ganze stärker ist als die Summe seiner Teile. Der Block BRICS+ ist genau das Gegenteil davon. Wenn es um Palästina oder einen anderen großen geopolitischen Konflikt geht, ist er völlig irrelevant. Das Problem ist, dass jedes Mitgliedsland sehr unterschiedliche und oft gegensätzliche Interessen hat. In der Frage des Gaza-Krieges gibt es zum Beispiel einen Mitgliedsstaat, den Iran, der sich in einem direkten Konflikt mit Israel befindet. Und dann gibt es noch Indien, das enge Beziehungen zu Israel unterhält und von einer chauvinistischen antimuslimischen Partei regiert wird. Wenn es um Palästina geht, werden die BRICS+ als Block ganz klar keine unabhängige Rolle spielen.
Aber was ist mit den anderen großen Ländern, die diesen Block bilden, wie Russland und China? Russland hat den Iran in gewissem Umfang militärisch unterstützt, unter anderem mit Luftabwehrbatterien. Russland scheint jedoch mehr daran interessiert zu sein, eine regionale Eskalation zu vermeiden, als die Sache der palästinensischen Befreiung voranzutreiben. Letztendlich gibt es trotz des Geschreis über den russischen Imperialismus keine Anzeichen dafür, dass Russland versucht, die Situation auszunutzen, um den Einfluss der USA aus der Region zu verdrängen. Vielmehr konzentriert sich Russland darauf, den Krieg in der Ukraine zu beenden und schließlich eine Einigung mit den USA über die künftige Sicherheitsarchitektur in Europa zu erzielen.
Und China? Sicherlich würde ein Regime, das sich als kommunistisch bezeichnet, den palästinensischen Widerstand materiell unterstützen, wie es die Sowjetunion für die Palästinensische Befreiungsorganisation tat. Ha! Über leere Gesten und pazifistische Plattitüden hinaus hat die Kommunistische Partei (KPCh) keinen Finger für die palästinensische Sache gerührt. Und das, obwohl die Befreiung Palästinas und die Vertreibung der amerikanischen Macht aus Vorderasien viel dazu beitragen würden, die Bedrohung Chinas durch die USA in Ostasien zu verringern. Die KPCh ist zu sehr damit beschäftigt, sich bei den schlimmsten Golf-Autokraten und israelischen Kapitalisten einzuschmeicheln, als dass sie dem Antiimperialismus und den nationalen Befreiungskämpfen Aufmerksamkeit schenken würde, ganz zu schweigen von der weltweiten proletarischen Revolution.
Von allen ursprünglichen BRICS-Ländern hat Südafrika wahrscheinlich am meisten getan, um zu signalisieren, dass es moralisch an der Seite Palästinas steht. Unter großem Trara hat es beim Internationalen Strafgerichtshof eine Klage gegen Israel wegen Völkermordes eingereicht. Und das Ergebnis? Natürlich nichts. Der IStGH ist nur dazu da, gestürzte afrikanische Diktatoren und Feinde der USA ins Visier zu nehmen. Diese leere Machtdemonstration hatte viel mehr damit zu tun, Ramaphosa und die linke Flanke des ANC vor den jüngsten Wahlen zu stützen, als mit irgendeinem ernsthaften Engagement für die Befreiung Palästinas. Tatsächlich ist Präsident Ramaphosa gleich nach den Wahlen in eine Koalition mit den fanatischen zionistischen Erben des Apartheidregimes gesprungen. Von dieser Regierung wird Palästina sicherlich keine Unterstützung erhalten.
Bedeutet dies, dass die Situation hoffnungslos ist? Weit gefehlt. Man braucht die BRICS nicht zu loben, um anzuerkennen, dass Amerikas Griff auf die Welt immer schwächer wird. Milliarden von Arbeitern und Unterdrückten haben von den USA und ihrer zerbröckelnden Ordnung nur Elend und Krieg zu erwarten. Sobald man aufhört, den verrotteten Regimen zu vertrauen, die den Status quo schönreden und unterstützen, wird klar, dass es ein riesiges Potenzial gibt, die Opfer des US-Imperialismus auf der ganzen Welt zu vereinen – von Palästina über Mexiko bis zu den Philippinen und in den USA selbst.
- Für eine antiimperialistische Front gegen Israel und die USA!
- Verstaatlicht alles imperialistische Vermögen und streicht die Schulden!
- Keine Illusionen in BRICS – Arbeiter aller Länder, vereinigt euch!
Was nun?
Die Lage ist düster. Jeden Tag werden mehr Palästinenser von der IDF (israelische Streitkräfte) getötet und Hunderttausende sind von Hunger und Krankheiten bedroht. Im Westjordanland wird immer mehr palästinensisches Land gestohlen. Israel zeigt jetzt alle Anzeichen dafür, dass es den Libanon in ein neues Gaza verwandeln und den Iran in die Knie zwingen will. Ob es damit Erfolg haben wird, steht auf einem anderen Blatt. Wenn das vergangene Jahr jedoch eines gezeigt hat, dann, dass es keinen Platz für törichten Optimismus gibt. Die UNO, die internationale Gemeinschaft, der Internationale Strafgerichtshof, die BRICS, die muslimischen Regime – niemand wird den Palästinensern zu Hilfe kommen. Es ist an der Zeit, sich der harten Realität zu stellen und die Lehren aus den katastrophalen Ergebnissen der letzten 12 Monate zu ziehen. Die derzeitigen Führer des palästinensischen Widerstands sind dieser Aufgabe nicht gewachsen. Auch die internationale pro-palästinensische Bewegung ist es nicht.
Kommunisten und Sozialisten haben in der arabischen Welt wenig zu melden, nicht zuletzt weil sie bisher keinen Weg für eine echte nationale Befreiung aufgezeigt haben (siehe „Marxisten und Palästina: 100 Jahre Versagen“, Spartacist, englischsprachige Ausgabe Nr. 69). Jeden Tag wird jedoch deutlicher, dass auch die Kräfte des politischen Islam keine Antwort haben. Dies eröffnet der Arbeiterbewegung die Möglichkeit, auf der Seite der Palästinenser den Kampf aufzunehmen und eine Alternative anzubieten.
Die Aufgabe besteht darin, die Kämpfe der Arbeiter im eigenen Land auf internationaler Ebene mit dem Kampf für die Befreiung Palästinas zu vereinen. Dies wird nur möglich sein, wenn gegen den bankrotten Weg gekämpft wird, den die Gewerkschaftsbürokraten, die Liberalen und die Versöhnler, die bisher das Sagen hatten, eingeschlagen haben. Es ist die dringende Aufgabe aller Sozialisten, Arbeiter- und palästinensischen Aktivisten, diesen Kampf für einen neuen Kurs zu debattieren und zu organisieren. Wir können nicht zulassen, dass das nächste Jahr so wird wie das letzte.
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