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Unser Genosse Ronald Krüger starb am 9. Dezember 2020. Ronald war 38 Jahre lang Mitglied der Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands und der Internationalen Kommunistischen Liga. Sein ganzes Leben war konzentriert darauf, revolutionäre Propaganda für unsere Tendenz zu erstellen. Im Juni erlitt Ronald einen Hirnschlag, und mit den erheblichen Folgen der Einschränkungen auf sein Leben wollte er nicht länger leben. Ronalds Tod reißt ein besonders großes, schmerzhaftes Loch in unsere Reihen.
Genosse Ronald kam als 18-jähriger Schüler in Kontakt zur Hamburger Ortsgruppe der Trotzkistischen Liga Deutschlands, unserer Vorläuferorganisation. Er teilte damals pazifistische Positionen, wie sie unter einer ganzen Generation Jugendlicher in Deutschland während der westdeutschen Friedensbewegung verbreitet waren. Ronald wurde schnell in den Diskussionen vom bürgerlichen Programm des Pazifismus gebrochen und zum Trotzkismus gewonnen. Durch das Studium der Oktoberrevolution lehnte er dann auch seine ursprüngliche Befürwortung des individuellen Terrors ab. Wie er in seiner Eintrittserklärung vom 26. November 1982 schreibt:
Ronald hasste die bürgerliche Teilung von Kopf- und Handarbeit. So sorgte er in unseren Büros dafür, dass alle nur gute Werkzeuge benutzen und ihre Handhabung verstehen. Für ihn war die Instandhaltung integraler Bestandteil unseres Zwecks, unser revolutionäres Programm voranzutreiben. Ronald war hochbegabt, schloss sein Studium mit dem Physikdiplom ab und arbeitete zeitweilig als Physiker, u. a. am Projekt der Teilchenbeschleunigung des Hamburger DESY-Forschungszentrums. Gleichzeitig lehnte er kleinbürgerliche Karrieren ab und verabscheute kapitalistische Arbeitsbedingungen. Seine Depressionen machten ihn jahrelang arbeitslos. Ronald war ein ganz besonderer Genosse, der allen persönlichen Schwierigkeiten zum Trotz sein Leben lang für den Trotzkismus kämpfte. Eine Genossin beschrieb ihn treffend: „Er war nicht nur ein Computer-,Whiz‘ und ein guter Übersetzer mit einem sehr feinen Sprachgefühl und einem kritischen Verstand. Er hatte auch einen wunderbaren trockenen Humor.“
Sein breites wissenschaftliches Verständnis und seine Beharrlichkeit machten seine Beiträge sowohl in der Redaktion wie auch in der Produktion besonders wertvoll. Seine Tätigkeiten umfassten alles, was zur Propaganda gehört: Korrekturlesen, PC-Programmierung, Aufbau eines Soundsystems und Übersetzungen. Vieles davon hatte sich Ronald selbst beigebracht. Seine Fotoarbeiten für den Spartakist waren dabei ebenso zentral wie seine Kenntnisse der russischen Transkription für unsere deutschsprachige Ausgabe des Spartacist. Ronald hat viele Genossen zu Setzern und in den Abläufen der Produktion geschult. Und nicht nur in der deutschen Sektion. Wie die Genossen der italienischen Sektion berichten: „Er hat uns vor Jahren besucht, um uns das Layoutprogramm Quark beizubringen und uns aus den dunklen Zeiten der vordigitalen Spartaco-Produktion herauszuholen.“
Als im Juni 1992 im Rahmen einer sogenannten Kunstaktion am Brandenburger Tor eine riesige Hakenkreuzfahne neben der DDR-Fahne aufgehängt wurde, war es klar, dass wir die Nazifahne abreißen mussten. Das Hakenkreuz steht für die grausame Ermordung von sechs Millionen Juden, von Roma, Sinti, Homosexuellen und anderen Minderheiten sowie Kommunisten und so vielen mehr. Ronald war als Fotograf für den Spartakist bei dieser Aktion. Als die Fahne abgerissen zu Boden fiel, kippte Ronald Benzin darüber und zündete die Fahne sofort an. Laut damaligem Polizeibericht war er so schnell, dass die Polizei nicht mehr eingreifen und keine Spuren außer etwas Asche finden konnte. Ronald wurde zusammen mit drei anderen Genossen dafür angeklagt. Die Anklage musste vom Gericht im Februar 1993 aufgrund breiter Proteste eingestellt werden.
Mit seinem scharfsinnigen Verstand hatte er eine Vorliebe für Polemiken entwickelt, deshalb widmen wir ihm diese Ausgabe des Spartakist. Wir ehren Ronalds politischen Einsatz für den Trotzkismus, seine Beharrlichkeit und seine Intelligenz durch unsere Entschlossenheit, den Kampf fortzusetzen.