https://iclfi.org/spartacist/de/2023-china
Übersetzt aus Spartacist, englischsprachige Ausgabe Nr. 67, August 2022.
Seit dem Ausbruch von Covid-19 im Jahr 2019 ist China Schauplatz einiger der brutalsten und dystopischsten Lockdowns der Welt, mit zig Millionen Menschen, die wochenlang ohne das Nötigste und unter ständiger Polizeirepression eingesperrt werden. Es ist ebenso Schauplatz der beeindruckendsten Mobilisierung von Ressourcen zur Bekämpfung des Virus: Die Produktion von medizinischer Ausrüstung wurde drastisch hochgefahren, innerhalb von Tagen wurden Krankenhäuser gebaut und medizinisches Personal wurde zu Tausenden in Krisenregionen verlegt.
Dies wirft ein Schlaglicht auf den zutiefst widersprüchlichen Charakter Chinas, das kein kapitalistischer Staat, sondern ein deformierter Arbeiterstaat ist. Einerseits beruht der Staat immer noch auf den Errungenschaften der Revolution von 1949, die das Land vom Imperialismus befreite und eine Planwirtschaft einführte. Andererseits wird das Land von einer Bürokratenkaste unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) beherrscht, die die Arbeiterklasse unterdrückt und diese Errungenschaften untergräbt. Angesichts ständig zunehmender militärischer und wirtschaftlicher Drohungen der USA und ihrer Verbündeten gegen China und der Tatsache, dass die sozialen Gegensätze im Lande auf einen Siedepunkt zulaufen, ist es für Marxisten wichtiger denn je, ein korrektes Verständnis von China zu haben und für ein Programm in der Pandemie zu kämpfen, das die Sache der chinesischen Arbeiter wie auch der gesamten internationalen Arbeiterklasse voranbringt.
Bislang hat die marxistische Linke bei dieser Aufgabe völlig versagt. In der Anfangsphase der Pandemie war die „Null-Covid“-Politik der KPCh, die aus strengen Lockdowns, Reiseverboten und Massentests bestand, das Vorbild für die gesamte Linke, von den Stalinisten über die Sozialdemokraten bis hin zu den sogenannten Trotzkisten. Da die verfaulenden Kapitalistenklassen weltweit völlig unfähig waren, irgendetwas richtig hinzukriegen, wurde die chinesische Bürokratie international als richtungsweisend gefeiert. Die Internationale Kommunistische Liga machte da keine Ausnahme, und es lohnt sich, ausführlich zu zitieren, was wir in „China Mobilizes to Contain Coronavirus“ [China mobilisiert zur Eindämmung des Corona-Virus] (Workers Vanguard Nr. 1171, 6. März 2020) geschrieben haben:
Diese Zeilen sind schlichtweg eine unkritische Unterstützung der Politik der KPCh. Unkritisch, weil unsere einzige Kritik an der Bürokratie darin bestand, dass ihre Maßnahmen „verspätet“ kamen und auf Vertuschungsversuche folgten, aber als „Beijing“ (d. h. die Zentralregierung) sich endlich bewegte, verschwanden unsere Differenzen. Groteskerweise beruft sich der Artikel auf die WHO, einen Arm der imperialistischen UNO, um ein Loblied auf die KPCh zu singen. Wir weisen diesen Artikel zurück, der einen Verrat an trotzkistischen Prinzipien darstellte.
Während die kapitalistischen Länder von den Lockdowns zu einer Strategie „mit dem Virus zu leben“ umgeschwenkt sind, hält die KPCh strikt an ihrer reaktionären „Null-Covid“-Strategie fest. Dies zieht nun den Zorn der imperialistischen Mächte auf sich, die die Auswirkungen auf ihr Wirtschaftswachstum zu spüren bekommen. Im Gleichschritt damit hat nun die Mehrheit der „sozialistischen“ Linken international entweder eine 180-Grad-Wende vollzogen und Chinas Politik verurteilt, oder sie schweigen einfach zu diesem Thema. Für die meisten Pseudosozialisten weltweit ist diese Situation allerdings sehr unangenehm, da die KPCh das umsetzt, was sie selbst seit über zweieinhalb Jahren propagiert haben: harte und lange Lockdowns, bis die Fallzahlen bei Null liegen.
Seit April 2021 hat die IKL klar dargelegt, warum sich das Proletariat in den kapitalistischen Ländern den Lockdowns entgegenstellen muss, wie seine Interessen auf Schritt und Tritt mit der bürgerlichen Klassenherrschaft kollidieren und warum die kapitalistische Antwort auf die Pandemie jedem fortschrittlichen Kampf der Arbeiterklasse zur Verbesserung ihrer Bedingungen entgegengesetzt ist. Diese grundsätzliche Herangehensweise wenden wir nun auf China an. Das Hauptargument für die Unterstützung der chinesischen Lockdowns, auch innerhalb unserer Organisation, lautete folgendermaßen: Weil China kein kapitalistischer Staat ist, haben seine Lockdowns einen fortschrittlicheren Charakter als die der Kapitalisten. Es stimmt, dass der kollektivierte Kern der Wirtschaft es China ermöglicht, der Bedrohung durch Covid-19 zu begegnen, indem es Ressourcen in einem Umfang mobilisiert, der in kapitalistischen Ländern unmöglich ist. Diese Ressourcen werden jedoch nicht in Übereinstimmung mit den Interessen der Arbeiterklasse mobilisiert, sondern entsprechend den Interessen der privilegierten Bürokratenkaste, die die Volksrepublik China (VR China) seit ihrer Gründung regiert. Diese Bürokratie ist grundsätzlich von gleicher Natur wie jene, die die Sowjetunion seit 1924 beherrschte und die am besten von Leo Trotzki analysiert wurde, der erklärte:
Die sozialen Wurzeln der Bürokratie liegen in der Rückständigkeit und materiellen Armut eines isolierten Arbeiterstaates. Da die Entwicklung der Produktivkräfte zu gering ist, um die Bedürfnisse aller zu befriedigen, bezieht die Bürokratie ihre Macht aus ihrer Rolle als Schiedsrichter über den Mangel, sie entscheidet, wer etwas bekommt und wer leer ausgeht. Im Gegensatz zu einer herrschenden Kapitalistenklasse, deren Macht auf ihrem Eigentum an den Produktionsmitteln beruht, existiert die Bürokratie als Parasit der kollektivierten Eigentumsformen, was ihre Herrschaft instabil und brüchig macht. Sie ist gefangen zwischen zwei mächtigen Kräften: dem riesigen chinesischen Proletariat, das den Privilegien der herrschenden Clique notwendigerweise feindlich gegenübersteht, und dem Weltimperialismus, dessen Ziel der endgültige Umsturz der Errungenschaften der Revolution von 1949 (und der KPCh selbst) zum Zweck der Ausplünderung Chinas ist.
Um ihre privilegierte Stellung zu bewahren, ist die Bürokratie gezwungen, unhaltbare Widersprüche gegeneinander auszubalancieren. Einerseits wird sie das Staatseigentum verteidigen, „nur deshalb … da sie das Proletariat fürchtet“ (Trotzki). Andererseits versucht sie, den Weltimperialismus durch Zugeständnisse zu beschwichtigen, im Streben nach einer illusorischen „friedlichen Koexistenz“. Das Hauptziel der Bürokratie ist stets, durch diese Widersprüche zu navigieren, um ihre privilegierte Stellung zu erhalten, eine Aufgabe, die in Zeiten einer akuten gesellschaftlichen Krise wie der Pandemie besonders schwierig ist.
Ausgangspunkt der trotzkistischen Herangehensweise an die Pandemie in China ist die bedingungslose Verteidigung der kollektivierten Eigentumsformen gegen innere und äußere konterrevolutionäre Bedrohungen. Sie beruht außerdem auf dem Verständnis, dass die Herrschaft der KPCh-Bürokratie durch die Unterdrückung des Proletariats, die Förderung von Ungleichheiten und die Ablehnung der internationalen Revolution soziale, wirtschaftliche, militärische und politische Bedrohungen für den Arbeiterstaat verstärkt. Wenn auf dem von der Bürokratie bereiteten fruchtbaren Boden eine Krise heranreift, antwortet die KPCh mit den ihr eigenen kurzsichtigen und brutalen Methoden, die wiederum die Saat für die nächste Krise legen. Deshalb basiert die trotzkistische Verteidigung des Arbeiterstaates – ob in einer Pandemie, in Kriegszeiten oder jeder anderen Krise – nicht auf der Unterstützung der Politik der Bürokratie, sondern auf dem Kampf für den Sturz der antisozialistischen, bürokratischen KPCh-Clique durch eine proletarisch-politische Revolution und für die Ersetzung ihrer Herrschaft durch Arbeiterräte unter Führung einer revolutionären, authentisch leninistischen Partei. Eine solche Perspektive ist offensichtlich unvereinbar mit der Unterstützung der rücksichtslosen und antiproletarischen „dynamischen Null-Covid“-Politik der KPCh.
Die gesellschaftlichen Ursachen der Pandemie
Die von Covid-19 ausgelöste soziale Krise in China hat ihre Wurzeln in dem allgemeinen Mangel, der Unterdrückung und Barbarei, die der im Niedergang begriffene Weltimperialismus mit sich bringt, und erhält wie in jedem anderen Land durch die jeweiligen sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen ihre besondere nationale Ausprägung. Bevor sie die „Herkulesanstrengungen“ Beijings als Reaktion auf den Ausbruch von Covid-19 bejubeln, sollten diejenigen, die sich Sozialisten nennen, vielleicht einmal über die gesellschaftlichen Bedingungen nachdenken, die der gegenwärtigen Krise zugrunde liegen. Die gesellschaftlichen und Lebensbedingungen in China haben sich in den letzten Jahrzehnten dank der Errungenschaften der Revolution von 1949 gewaltig verbessert. Doch die Herrschaft der Bürokratie bedeutet, dass das Wachstum von Produktivität und Wohlstand überproportional ihr selbst und einer aufstrebenden einheimischen Kapitalistenklasse zugutekommt. Dies begrenzt und untergräbt den gesellschaftlichen Fortschritt und hat der gegenwärtigen Krise den Boden bereitet.
Von Anfang an hat die Bürokratie explizit argumentiert, dass angesichts des schlechten Zustands des Gesundheitssystems Lockdowns die einzige Option sind. Jahrzehntelang gab es in der VR China eine kostenlose allgemeine Gesundheitsversorgung unter den Bedingungen des „vergesellschafteten Elends“. Doch die Marktreformen, die von aufeinanderfolgenden KPCh-Führungen über Jahrzehnte eingeführt wurden, haben das Gesundheitswesen privatisiert und ausgezehrt. Die Bürokratie behauptet, dass 95 Prozent der chinesischen Bürger Krankenversicherungsschutz hätten, aber das ist eine Täuschung: Für Hunderte Millionen chinesischer Arbeiter und Bauern ist ein Arztbesuch oder medizinische Grundversorgung entweder ein sehr teurer Alptraum oder schlichtweg unmöglich. Die verschiedenen Krankenversicherungen decken in der Regel nur einen Bruchteil der Kosten ab, und es ist üblich, dass Familien ihr lebenslang Angespartes für eine Behandlung ausgeben müssen.
Auf dem Land gibt es in vielen Regionen nicht einmal eine grundlegende medizinische Infrastruktur, und das verhasste Hukou-Haushaltsregistrierungssystem bedeutet, dass die große Mehrheit der Wanderarbeiter in den Städten, wo sie arbeiten, wenig oder gar keine Behandlung erhält. China hat nur sehr wenige Ärzte (2017: 2 je 1000 Einwohner im Vergleich zu 2,6 in den USA und 4,9 in der Europäischen Union); nur wenige Pflegekräfte (2,7 je 1000 im Vergleich zu 15,7 in den USA und 9,1 in der EU); und eine geringe Anzahl an Intensivbetten (3,6 je 100 000 im Vergleich zu 25,8 in den USA und 11,5 in der EU). Im Jahr 2019 gab China US$ 535 pro Kopf für die Gesundheitsversorgung aus, verglichen mit fast US$ 12 000 in den USA und US$ 3500 in Europa.
Die Knappheit der medizinischen Ressourcen hat zur Folge, dass im Gesundheitssystem Korruption und Geschäftemacherei weit verbreitet sind. Um den Mangel an echten medizinischen Leistungen auszugleichen, insbesondere in ländlichen Regionen, fördert die Bürokratie offen die traditionelle Medizin. Im Land des „Sozialismus mit chinesischen Merkmalen“ ist eine angemessene medizinische Behandlung den Kapitalisten und privilegierten Bürokraten vorbehalten, die sie sich leisten können, während arme Menschen oft einfach an behandelbaren Krankheiten sterben.
Mit der Zugrunderichtung des Gesundheitswesens wurde durch die Marktreformen auch das Grundeigentum in den Städten privatisiert, das unter Kontrolle parasitärer Unternehmen ist, deren einziger Zweck die Spekulation ist, wie der jüngste Niedergang der Evergrande-Gruppe zeigt. Für viele arbeitende Menschen in den Städten ist Wohnraum wahnsinnig teuer, was zu beengten und ungesunden Wohnverhältnissen führt, die zwangsläufig die Verbreitung von Covid-19 und anderen Krankheiten begünstigen.
Der andere Faktor, der zur Ausbreitung von Covid-19 führt und allgemein die Gesundheit der arbeitenden Bevölkerung beeinträchtigt, ist der Arbeitsplatz. Im Mittelpunkt der Marktreformen stand die Öffnung Chinas für ausländische Investitionen und die bewusste, von der KPCh geförderte Herausbildung einer einheimischen Kapitalistenklasse. Eine Hauptfolge dieser Politik war der Übergang von Hunderten Millionen Bauern ins Proletariat. Zwar ist dies eine historisch fortschrittliche Entwicklung, aber diese Arbeiter stellen für kapitalistische Unternehmen ein riesiges Reservoir an billigen Arbeitskräften dar.
Brutale Arbeitsbedingungen sind in China gang und gäbe – man schaue sich nur das grausame „996“-System mit 72-Stunden-Wochen an – und der beispiellose Aufstieg Chinas wird von der Superausbeutung der Arbeiter befeuert. Die staatlichen Unternehmen sind von den harten Bedingungen nicht verschont geblieben. An vielen Arbeitsplätzen herrscht ein quasi-militärisches Arbeitssystem, das von den von der KPCh kontrollierten Gewerkschaften und Parteikomitees in den Unternehmen genehmigt und umgesetzt wird, wobei die Arbeiter natürlich in Bezug auf Gesundheit und Sicherheit oder ihre allgemeinen Arbeitsbedingungen nichts zu sagen haben. Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit sind in der Volksrepublik eine weit verbreitete Geißel. Die durch bürokratische Misswirtschaft und uneingeschränkte kapitalistische Ausplünderung verursachte Luftverschmutzung ist in Großstädten zu einem derartigen Problem geworden, dass Atemwegserkrankungen weitaus häufiger auftreten als in den meisten anderen Ländern, wodurch große Teile der Bevölkerung einem höheren Risiko von Covid-19-Komplikationen ausgesetzt sind.
Dies ist das Pulverfass, das durch den Ausbruch von Covid-19 entzündet wurde. Was die Ursprünge von Covid selbst betrifft, so ist diese Frage immer noch heftig umstritten. Die Bürokratie beharrt darauf, dass die „Laborleck“-Theorie pure Lüge und eine Verschwörungstheorie ist. Die Internationalistische Gruppe (IG), die sich als Anwalt der KPCh aufspielt, hat einen langen Artikel gegen diese Theorie verfasst und impliziert, dass jeder Zweifel an der Darstellung der Bürokratie einen Angriff auf China darstellt („U.S. Big Lie Over Wuhan Is War Propaganda“ [Große Lüge der USA über Wuhan ist Kriegspropaganda], internationalist.org, Dezember 2021). Es gibt keinen wissenschaftlichen Konsens über die Ursprünge von Covid-19. Aber selbst wenn wir die von IG und KPCh bevorzugte Version nehmen, dass das Virus vom Wuhaner Wildtiermarkt stammt – und das ist die wahrscheinlichste Version –, ist das für die Bürokratie immer noch genauso belastend! Mangelnde Hygiene und Kontrollen sowie die Vermarktung von Wildtieren in sehr dicht besiedelten Stadtgebieten haben bereits in der Vergangenheit zu Krankheitsausbrüchen geführt, wie 2002 bei SARS. Der Covid-19-Ausbruch war keine „göttliche Fügung“, sondern wäre gänzlich vermeidbar gewesen, angefangen mit einem harten Durchgreifen gegen Wildtiermärkte, die lebende Fledermäuse in großstädtischen Ballungszentren verkaufen.
Die KPCh und ihre Apologeten verbreiten die falsche Vorstellung, dass ihre Lockdowns und ihre Politik die beste und einzige Lösung zur Bekämpfung der Pandemie sind. In Wahrheit ist die derzeitige wirtschaftliche, soziale und gesundheitliche Krise weitgehend das Ergebnis der Politik der Bürokratie.
Wie die gesellschaftlichen Ursachen
der Pandemie angehen
Die dringlichste Sofortmaßnahme, um die gesellschaftlichen Ursachen der Krise anzugehen, besteht darin, die Ungleichheiten innerhalb Chinas drastisch zu verringern und die Ressourcen umzuverteilen, um die Lebensbedingungen zu verbessern. Durch die Liquidierung der Kapitalistenklasse und die Beschlagnahmung des Reichtums der Bürokratie könnten beispielsweise massive Verbesserungen des Gesundheitssystems, insbesondere in den ländlichen Regionen, finanziert werden, mit dem kurzfristigen Ziel, eine kostenlose Gesundheitsversorgung von höchstmöglicher Qualität auf egalitärer Basis bereitzustellen. Die Wohnbedingungen könnten durch eine sofortige Umverteilung des Wohnungsbestands entsprechend den sozialen Bedürfnissen verbessert werden, wobei Arbeiter anstelle der gut vernetzten Bürokraten bevorzugt würden. Damit ihre Arbeitsplätze sicher sind, müssen die Arbeiter die Gesundheits- und Sicherheitsbelange selbst kontrollieren. Aber all diese elementaren und wesentlichen Maßnahmen kollidieren direkt mit der Bürokratie. Nicht nur, weil sie eine offene Absage an eine jahrzehntelange bankrotte Politik darstellen; sondern sie laufen grundsätzlich direkt den Interessen der Bürokratie zuwider, deren gesamte Existenz darauf beruht, sich auf Kosten der Arbeiterklasse und der Bauernschaft materielle Vorteile zu sichern. Hinzu kommt, dass viele einzelne Bürokraten mit Kapitalisten verwandt oder selbst Kapitalisten sind.
Die Umverteilung der vorhandenen Ressourcen kann zwar sofortige Linderung schaffen, aber die einzige Lösung, um aus der materiellen Rückständigkeit Chinas auszubrechen, ist die internationale Ausweitung der sozialistischen Revolution, insbesondere auf die imperialistischen Länder. Der Übergang zum Sozialismus kann nur mit einer internationalen Planwirtschaft sichergestellt werden, in der die Bedrohung durch den Imperialismus beseitigt ist und die Entwicklung auf dem höchsten Niveau von Technologie und Arbeitsproduktivität basiert, das derzeit von den mächtigsten imperialistischen Ländern monopolisiert wird. Eine solche Perspektive kann nur durch die revolutionäre Mobilisierung des Proletariats in China und international verwirklicht werden, eine Perspektive, die der stalinistischen Bürokratie entgegengesetzt ist, denn sie würde Kräfte freisetzen, die zum Sturz der privilegierten Kaste führen. Aus diesem Grund war das Markenzeichen des Stalinismus schon immer das Programm des Aufbaus des „Sozialismus in einem Land“, das mit dem Dogma einhergeht, dass „China nicht die Revolution exportiert“.
Dieses antimarxistische Programm spiegelt die Stellung und die Interessen der Bürokratie wider und ist ausdrücklich darauf ausgelegt, den Imperialismus zu beschwichtigen. Den sozialistischen Aufbau auf vorgegebene nationale Grenzen zu beschränken ist ein Versprechen an die imperialistischen Mächte, dass der Arbeiterstaat keine Bedrohung für die internationale kapitalistische Ordnung darstellt. Dieses Programm führte zur Erdrosselung der chinesischen (1927), deutschen (1933), französischen (1936 und 1968), spanischen (1937) und indonesischen (1965) Revolution und anderer. Aber wie Trotzki in Bezug auf die UdSSR erklärte:
Dies trifft voll und ganz auf China zu und steht im Zentrum des erneuerten imperialistischen Vorstoßes gegen die VR China unter Führung der USA. Egal wie „verlässlich“ und „gemäßigt“ sich die KPCh-Bürokratie geben mag, egal wie sehr sie die chinesische Arbeiterklasse unterdrückt, in den Augen der internationalen Bourgeoisie wird sie immer mit dem Makel der sozialen Revolution behaftet sein. Weit davon entfernt, die Errungenschaften der Chinesischen Revolution zu sichern, lehnt die KPCh den einzigen Weg ab, der deren Verteidigung wirklich garantieren kann: die internationale Ausweitung der Revolution. Dieser grundlegende Eckpfeiler des Trotzkismus wurde durch die kapitalistische Konterrevolution, die die Sowjetunion 1991/92 zerstörte, eindeutig auf negative Weise bestätigt. Ebenso in China: Entweder wird die bürokratische Herrschaft der KPCh hinweggefegt und durch eine revolutionäre Führung ersetzt werden oder die Konterrevolution wird ein weiteres „Jahrhundert der Demütigung“ mit sich bringen.
Die Antwort der KPCh
Die KPCh und ihre Apologeten singen das Hohelied auf Chinas „dynamischen Null-Covid“-Ansatz. Hier eines der zahllosen Beispiele aus der KPCh-Presse:
Die Kriterien, auf die sich die KPCh beruft, wenn sie sich mit dem „Erfolg“ der Partei brüstet, sind die niedrige Sterblichkeitsrate, die Unterdrückung des Virus innerhalb der Grenzen Chinas und das anhaltende Wirtschaftswachstum. Wenn man seinen gesamten Ansatz darauf ausrichtet, diese Kästchen abzuhaken, hat die KPCh tatsächlich Großes geleistet.
Das ist aber nicht, wie Revolutionäre die Erfolge und Misserfolge eines Arbeiterstaates bewerten. Als Antwort auf die stalinistische Bürokratie, die sich mit der Industrialisierung der UdSSR und der erfolgreichen Liquidierung der Kulaken (reiche Bauern) brüstete, erklärte Trotzki:
Gemessen an dem Maßstab von „bewusster Voraussicht und planmäßiger Leitung“ ist die Antwort der KPCh auf die Pandemie auf allen Ebenen ein Versagen. Wie oben erläutert, hat die Politik aufeinanderfolgender KPCh-Regime das Risiko des Auftretens eines neuen gefährlichen Virus, seiner raschen Ausbreitung auf ein epidemisches Niveau und des Zusammenbruchs des Gesundheitssystems außerordentlich erhöht. Was die Antwort der KPCh seit dem Ausbruch des Virus betrifft, so haben ihre Maßnahmen die Krise bei jedem einzelnen Schritt noch verschärft.
Ihre unmittelbare Reaktion auf den Covid-19-Ausbruch in Wuhan war, wie allenthalben eingeräumt (sogar in dem KPCh-freundlichen Artikel vom Workers Vanguard), Vertuschung, Leugnung und hartes Durchgreifen gegen diejenigen, die Alarm schlugen.1 Als offensichtlich wurde, dass das Virus eine große soziale Krise auslöste, die Krankenhäuser in Wuhan überquollen und die Unzufriedenheit der Bevölkerung zunahm, änderte die KPCh ihre Haltung drastisch, führte drakonische Maßnahmen ein und mobilisierte massive Ressourcen, um den Ausbruch des Virus zu unterdrücken.
Die Maßnahmen der Bürokratie unterdrücken tatsächlich die Ausbreitung des Virus (für eine gewisse Zeit). Sie ergeben sich aber nicht aus irgendwelchen moralischen Verpflichtungen zur „Rettung der Menschen“, sondern aus der Notwendigkeit, die sozialen Widersprüche zu unterdrücken, die durch das Virus grell beleuchtet und verschärft werden. Covid-19 setzte auf eindringliche Weise die sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnisse des Proletariats auf die Tagesordnung: bessere Gesundheitsversorgung, Wohnungen, Arbeitsbedingungen. Doch diese Bedürfnisse kollidierten mit der Realität Chinas, eines von Mangel, Bürokratismus, Ungleichheit und einem parasitären politischen Regime heimgesuchten isolierten Arbeiterstaats.
Für die Arbeiterklasse ging es darum, den unmittelbaren Kampf gegen die von Covid-19 ausgehende Bedrohung mit dem Kampf zur Beseitigung der der Krise zugrundeliegenden sozialen Bedingungen zu verbinden. Für die Bürokratie ging es darum, den Ausbruch einzudämmen, um die gesellschaftliche Stabilität zu wahren, die politische Kontrolle der KPCh über die Antwort auf Covid-19 sicherzustellen und hauptsächlich alle sozialen Bestrebungen der Arbeiterklasse zu zerschlagen, die ihre Herrschaft in Frage stellen würden. Dies waren und sind weiterhin die politischen Erwägungen, von denen sich die Bürokratie in ihrer Antwort auf die Covid-19-Ausbrüche leiten lässt. Der einzig neue Aspekt ist, dass jetzt, da die von Xi Jinping geführte KPCh sich massiv dieser „dynamischen Null-Covid“-Politik verpflichtet hat, die ihre „Überlegenheit“ und „Allwissenheit“ beweist, kein Zurück mehr möglich ist, ohne das Regime erheblich in Misskredit zu bringen. Gleichwohl könnte sich die Bürokratie, wenn sich die katastrophalen Folgen ihrer Politik auftürmen, durchaus gezwungen sehen, eine Kehrtwende hinzulegen, wie sie für stalinistische Zickzacks typisch ist.
Die KPCh behauptet, ihre Politik diene dem Schutz der Bevölkerung. Aber warum werden die Menschen zwangsweise gegen ihren Willen zu Hause eingesperrt und der Überwachung durch Drohnen, Roboter und Nachbarschaftskomitees unterworfen? Warum werden die Menschen, wenn sie Kritik, Beschwerden und Vorschläge äußern, totaler Zensur unterworfen und manchmal inhaftiert? Dient es dem Volk, dass die Arbeiter in ihren Fabriken eingesperrt und daran gehindert werden, nach Hause zu gehen? Wenn die „dynamische Null-Covid“-Politik „für das Volk“ sein soll, warum wird sie dann gegen das Volk durchgesetzt?
Die Antwort ist einfach: Die Existenz der KPCh-Bürokratie überhaupt beruht auf der Unterdrückung der Bevölkerung. Ihre Anhäufung von Privilegien ist glatter Diebstahl, Machtmissbrauch, der zu allen sozialistischen Prinzipien im Widerspruch steht. Da ihre Herrschaft auf der absoluten politischen Kontrolle des Regierungsapparats beruht, stellt jegliche unabhängige Äußerung der Bedürfnisse und Interessen der Arbeiter zwangsläufig die Legitimität der stalinistischen Bürokratie in Frage. Sie kann nicht zulassen, dass die Arbeiter ihre Meinung äußern, denn die ersten Worte aus ihrem Mund wären eine Verurteilung von Ungleichheit, bürokratischer Misswirtschaft und politischer Unterdrückung. Um ihres eigenen Erhalts willen unterdrückt die Bürokratie jeglichen Initiativgeist, kritisches Denken oder konstruktive Mitwirkung der Arbeitermassen.
Der KPCh ist es tatsächlich gelungen, die Sterberate niedrig zu halten. Aber diese Statistik verbirgt das wahre, durch die Politik der Bürokratie verursachte Grauen. Sie unterschlägt die Hunderten von Millionen Menschen, die wochenlang in ihren Wohnungen eingesperrt sind, ohne angemessene Nahrung, Medikamente oder andere grundlegende Dinge des täglichen Bedarfs. Überfüllte Krankenhäuser, die Behandlung verweigern und deren medizinisches Personal bis aufs Äußerste ausgepresst wird. Inhaftierung in kafkaesken Quarantänezentren, wo Familien getrennt werden, auch Kinder von ihren Eltern. Arbeiter, die an ihre Maschinen gekettet und in Fabriken eingesperrt sind. Arbeitslosigkeit und der Ruin der Kleinunternehmen. Umfassende Zensur und Verhaftung von jedem, der es wagt, irgendetwas davon in Frage zu stellen. Und das alles im Namen des Aufbaus des „Sozialismus mit chinesischen Merkmalen“, was nur dazu beitragen kann, den Sozialismus in den Augen der Arbeiter und Armen in Verruf zu bringen und dem Lager der Konterrevolution in die Hände zu spielen.
Die trotzkistische Antwort
Im Gegensatz zu den Lügen der KPCh ist es sehr wohl möglich, ohne die von der Bürokratie durchgedrückten brutalen und antiproletarischen Methoden die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und die Volksrepublik zu verteidigen. Der Kampf gegen Covid-19 ist zwangsläufig eine politische Aufgabe. Die KPCh mobilisierte die Bevölkerung im Namen des chinesischen Nationalismus und der Unterstützung für die Unfehlbarkeit von Xi Jinping. Für Trotzkisten beginnt der Kampf gegen Covid-19 unter dem Banner sozialistischer Revolutionen in den kapitalistischen Ländern, der bedingungslosen Verteidigung Chinas gegen Konterrevolution und der politischen Revolution zum Sturz der stalinistischen Bürokraten. Authentische Kommunisten in China müssen dafür kämpfen:
Nieder mit den Lockdowns! Impfpflicht jetzt! Die KPCh-Bürokratie ist ohne weiteres bereit, Millionen Menschen monatelang einzusperren und endlose Massentestungen durchzuführen, aber sie ergreift nicht einmal die grundlegende Maßnahme, die gesamte Bevölkerung durchzuimpfen. Während Shanghai über zwei Monate lang in einem brutalen Lockdown war, waren 38 Prozent seiner Bevölkerung im Alter ab 60 Jahren nicht vollständig geimpft.
Für Arbeiterkontrolle über Arbeitssicherheit und Produktion! Die Arbeiter müssen selbst entscheiden, was sicher ist und wie die Fabriken geführt werden sollen, nicht irgendwelche Schreibtisch-Bürokraten oder blutsaugenden Kapitalisten. Für Gewerkschaften frei von bürokratischer Kontrolle, die der Verteidigung des kollektivierten Eigentums verpflichtet sind!
Für den Umbau der Planwirtschaft von oben bis unten im Interesse der Produzenten und Konsumenten! Dieser muss die kostenlose Gesundheitsversorgung und Bildung für alle sowie hochwertigen Wohnraum für die arbeitende Bevölkerung sicherstellen. Weg mit dem Hukou-System!
Enteignet die einheimische Kapitalistenklasse! Diese Blutsauger sind die Embryos der kapitalistischen Konterrevolution, ausgebrütet von der KPCh-Bürokratie. Schluss mit der Politik „Ein Land, zwei Systeme“ durch Enteignung der Hongkonger Tycoons!
Arbeiter aller Länder, vereinigt euch! Der Verbündete der chinesischen Arbeiterklasse ist das internationale Proletariat, entscheidend dabei die imperialistischen Zentren USA, Deutschland und Japan. Die reaktionäre internationale Politik der Bürokratie, Versöhnung mit und Kapitulation vor den Imperialisten, muss durch die Politik des proletarischen Internationalismus ersetzt werden. Veröffentlicht die gesamte diplomatische Korrespondenz Beijings. Nieder mit der Geheimdiplomatie!
Stürzt die stalinistische Bürokratie! Für eine leninistische egalitäre Partei, Teil einer wiedergeschmiedeten Vierten Internationale! Der Weg vorwärts für die chinesischen Arbeiter und Bauern ist der Weg von Lenin und Trotzki, nicht der von Mao oder Stalin. Das bedeutet Sowjetdemokratie und revolutionären Internationalismus nach dem Vorbild der großen Oktoberrevolution von 1917!
1 Wir warten gespannt auf den von der IG in ihrem „Laborleck“-Beitrag vom Dezember 2021 versprochenen Artikel, der anscheinend „die große Lüge“ aufdecken wird, dass „Beijing schon früh versucht haben soll, Informationen über die Pandemie zu verheimlichen, Fehler zu vertuschen und Information zu unterdrücken“.
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