https://iclfi.org/spartacist/de/33/griechenland
Die Imperialisten haben gemeinsam mit der griechischen herrschenden Klasse das Land geplündert. Für die immer größere imperialistische Versklavung müssen die Werktätigen bluten: durch Privatisierung von Häfen und Werften, Fabrikschließungen, Angriffe auf die Gewerkschaften, auf das Gesundheits- und Bildungswesen und auf Gewerkschaftsrechte. Durch die Inflation steigen die Kosten für Güter des täglichen Bedarfs und beim Strom. Eine Krise jagt die nächste: die Krise, die vor mehr als zehn Jahren begann; das Kippen des Ergebnisses des Referendums durch Deutschland 2015 über die Austeritätsmaßnahmen der Europäischen Union; der Ausverkauf an die EU und an die Banken durch Syriza; die katastrophale Politik der Regierung in der Pandemie und im Ukrainekrieg; die aktuelle Krise. Die Massen wurden in die Armut getrieben, die unteren Schichten des Kleinbürgertums ruiniert. Ihre unmittelbaren Bedürfnisse prallen in jeder Frage gegen den Grundpfeiler des kapitalistischen Systems: das Privateigentum an den Produktionsmitteln.
Es ist jetzt dringend notwendig, für die Bedürfnisse der arbeitenden Menschen zu kämpfen und dies mit dem Kampf für die Befreiung des Landes von imperialistischer Unterjochung und für die Errichtung einer Arbeiterregierung zu verbinden. Die Arbeiter müssen die Macht in die eigenen Hände nehmen, all die unnützen Schmarotzer hinwegfegen und das Land von oben bis unten regieren. Wenn die Arbeiterklasse am Ruder ist und das Profitmotiv weg ist, können die Geißeln der Preistreiberei, der Arbeitslosigkeit und der hohen Wohnkosten alle schnell beseitigt werden.
Aber warum hat es in einem Land, wo Sozialismus zum alltäglichen Sprachgebrauch der gesamten Linken gehört, wo es eine kommunistische Massenpartei (KKE) gibt und das Proletariat wie kein anderes in Europa gekämpft hat, nicht nur keine Machteroberung gegeben, sondern warum haben sich sogar die Lebensbedingungen verschlechtert? Damit sind wir schon beim Kern des Problems. Es besteht eine riesige Kluft zwischen dem, was die Werktätigen brauchen, und den politischen Lösungen, die von den Führungen der KKE sowie der Gewerkschaften und der Linken angeboten werden.
Was tun?
Wir brauchen preiswerte Heizung, kostenlose, hochwertige Gesundheitsversorgung und Bildung für alle, Arbeitsplätze, anständige Renten und Löhne. Am 9. November hatten wir gerade erst einen „Generalstreik“. Der Streik hat zweierlei gezeigt: Die Arbeiter sind kampfbereit und der Streik endete nicht mit einem Sieg. Warum? Die Arbeiter verdienen eine Antwort. Die Gewerkschaftsorganisationen GSEE, ADEDY und PAME riefen die Arbeiter mit wichtigen Forderungen zum Streik auf, um das Leben der Arbeitermassen zu verbessern. Was waren einige dieser grundlegenden Forderungen und welche Aufgaben stellten sich dem Proletariat? War es wirklich ein Generalstreik?
Die KKE fordert: „Mietzuschüsse für Arbeiter- und Volkshaushalte, Studenten und Kleinbetriebe, Erweiterung der Auswahlkriterien und Erhöhung der Zuschüsse“, „Keine Arbeiter- oder Volkswohnung ohne Strom, Wasser oder Telefon“, „Tarifverträge und Lohnerhöhungen entsprechend dem Inflationsanstieg“ und „Sichere Arbeitsplätze mit Rechten; keine unbezahlten Überstunden“ (Panergatiki Nr. 15, September 2022). Einverstanden. Aber was haben die Führer von KKE/PAME getan, um den Generalstreik zur Durchsetzung dieser Forderungen vorzubereiten? Die Grundbedürfnisse der Arbeiter lassen sich nicht mit gewerkschaftlichen Routinemethoden, mit einem symbolischen 24-Stunden-Streik durchsetzen, der im Wesentlichen eine Parade war, nach der es zurück an die Arbeit ging. Griechenland liefert ein Beispiel dafür, wie zahlreiche Streiks nur minimale Ergebnisse gebracht haben.
Notwendig ist eine Offensive der gesamten Arbeiterklasse gegen die Bosse in Form eines wirklichen Generalstreiks, d.h. eines politischen Streiks, eines organisierten Kampfes mit dem Ziel, den Feind zum Rückzug zu zwingen. Das würde gerade jetzt beim Eintreten der Krise mit Sicherheit die meisten Zugeständnisse für die Werktätigen herausholen. Wenn die Arbeiterklasse die Fabriken, das Transportwesen, die Häfen usw. dichtmacht, legt sie nicht nur die Produktion, sondern auch die Regierung lahm und wirft damit die Frage auf, wer am Arbeitsplatz und im Land das Sagen hat, die Arbeiter oder die Bosse. Ein Generalstreik umfasst alle Bereiche des Landes und mobilisiert die unterdrückten Schichten des Kleinbürgertums zusammen mit der Mehrheit des Proletariats, um sie aktiv der Bourgeoisie und ihrem Staat entgegenzustellen.
Doch obwohl die Not groß ist und die Bedingungen reif sind, wird keine Generaloffensive organisiert. Warum? Weil es eine Frage des revolutionären Programms und der revolutionären Führung ist. Selbst der Kampf um Reformen setzt ein revolutionäres Programm voraus. Aber das Programm der KKE ist für diesen Kampf ebenso ein Hindernis wie für die Verwirklichung einer Arbeiterrevolution. In grundlegenden Fragen ist es reformistisch: was den Staat angeht, die Befreiung von imperialistischer Versklavung, den gemeinsamen Kampf griechischer und türkischer Arbeiter usw. Es ist dringend notwendig, die bestehende Führung der Arbeiter durch eine Führung zu ersetzen, deren Programm zur unmittelbaren Verbesserung der Lebensbedingungen der Massen ein integraler Bestandteil der umfassenderen Strategie ist, die Arbeiterklasse an die Macht zu bringen.
Für die nationale Befreiung Griechenlands
In einem von den Imperialisten vergewaltigten Land ist kein Kampf für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Massen möglich ohne ein Programm, das diesen Kampf mit dem Kampf gegen die imperialistische Unterjochung verbindet. Das Programm der KKE ist ein Hindernis für diese Perspektive, da es für sie opportunistisch ist, die Tatsache anzuerkennen, dass Griechenland kein imperialistisches, sondern ein vom Imperialismus unterjochtes Land ist. Demnach sei der Kampf für nationale Emanzipation – der im Zentrum des revolutionären Programms stehen muss – ebenfalls opportunistisch, weil er die einheimische Bourgeoisie vom Haken lasse. Die KKE schreibt:
Die KKE stellt einen falschen Gegensatz her, indem sie den Kampf gegen imperialistische Unterjochung dem Kampf zum Sturz der nationalen Bourgeoisie entgegenstellt. Der revolutionäre Kampf, das imperialistische Joch zu zerbrechen, schwächt nicht, sondern stärkt die politische Differenzierung der Klassen. Die einheimische Bourgeoisie hat in dem Imperialismus einen festen Rückhalt, der ihr immer gegen die Arbeiter mit Geld und Waffen helfen wird. Alles, was die unterdrückten und ausgebeuteten Massen tun, um auf eigenen Füßen zu stehen, drängt die nationale Bourgeoisie unweigerlich in einen offenen Block mit den Imperialisten. Wer gegen den Imperialismus kämpfen will, muss notwendigerweise gegen die nationale Bourgeoisie kämpfen.
Die KKE glaubt, der Kampf gegen imperialistische Unterjochung führe zur Klassenversöhnung mit der griechischen Bourgeoisie. Diese Gefahr besteht in der Tat, wenn es kein revolutionäres Programm gegen den Imperialismus gibt. So geschah genau das in den 1940er-Jahren, als die Stalinisten im Namen des Kampfes gegen den Faschismus eine Volksfront bildeten und mit der griechischen Bourgeoisie sowie den „fortschrittlichen“ Imperialisten (Briten und Amerikanern) zusammenarbeiteten. (Siehe „Griechenland 1940–49: Eine verratene Revolution“, Spartacist, deutschsprachige Ausgabe Nr. 30, Winter 2014/15.) In der Tat muss man das Programm der Klassenversöhnung ablehnen, doch der Weg dorthin führt nicht über die Weigerung, gegen imperialistische Versklavung zu kämpfen.
Die KKE sagt, der Kampf gegen die Imperialisten „verschiebt die trennende Klassenlinie vom Inneren des Landes nach außen (gegenüber den ‚Managern‘, dem IWF, den Deutschen usw.)“. Mit anderen Worten … wenn die Arbeiter hauptsächlich gegen den IWF und die deutsche Bourgeoisie kämpfen, sei das Opportunismus. Mit dieser Begründung und dem Argument: „Der Kapitalismus in Griechenland befindet sich in seinem imperialistischen Entwicklungsstadium, in einer Zwischenstellung im internationalen imperialistischen System“, bestreitet sie, dass das Land als Ganzes von den Imperialisten national unterdrückt wird. Ausgeblendet wird die vorherrschende Rolle des ausländischen Finanzkapitals in Griechenland als einem unterjochten Land. Mit diesem Argument wird der Kampf für die Befreiung der griechischen Nation und der Arbeiterklasse abgelehnt. Schauen wir uns an, wie der Kampf für die Grundbedürfnisse mit dem Kampf gegen den Imperialismus zusammenhängt. Die KKE fordert „Streichung der Schulden für Arbeiter- und Volkshaushalte und für Fachkräfte“, „Abschaffung der Grundsteuer für Arbeiter- und Volkshaushalte“ und „Streichung der Schulden bei den Banken und dem Finanzamt“ (Panergatiki Nr. 15, September 2022).
Einverstanden. Doch wie soll es dazu kommen und durch wen? Durch eine Arbeiter- oder eine bürgerliche Regierung? Das sagt uns die KKE nicht, also werden wir für sie antworten. Können die Schulden ohne die Enteignung der Banken durch das Proletariat gestrichen werden? Nein. Um die Schulden zu streichen, müssen wir die Interessen der Imperialisten, der Banken und der einheimischen herrschenden Klasse durchkreuzen, die den Massen eine enorme Staatsschuld aufgebürdet haben. Revolutionäre haben die Aufgabe, für die Streichung der Schulden und für die Enteignung der Banken zu kämpfen. Abschaffung des Geschäfts- und Bankgeheimnisses – Offenlegung der Bücher! Die Banken in den Händen der Arbeiter werden kein Interesse daran haben, die Schulden zu bezahlen, mit denen die Imperialisten dem griechischen Volk das Blut ausgesaugt haben. Heißt das, wir müssen die Macht übernehmen? Ja. Nur eine revolutionäre Arbeiterregierung, die gegen alle Unterdrücker kämpft, kann dieses Programm umsetzen. Das kann jedoch nur von einer revolutionären Partei verwirklicht werden, die die Befreiung der Nation und der Arbeiterklasse in den Mittelpunkt ihres Programms stellt.
Die KKE fordert auch:
Keine Einwände. Aber wie kommen wir vom heutigen Stand dahin, alle modernen Möglichkeiten zur Befriedigung der Bedürfnisse der arbeitenden Menschen zu nutzen, sodass sie „gesellschaftliches Eigentum“ werden, und wie kommt das Volk dahin, „am Steuer der Macht“ zu sein? Das bleibt ein Rätsel. Wir haben hier die beiden Ufer eines Flusses, aber keine Brücke, um sie zu verbinden. Die KKE geht den Weg der Sozialdemokratie und teilt ihr Programm in zwei Teile, ein Minimalprogramm, das sich auf Reformen im Rahmen des Kapitalismus beschränkt – wie beim Streik –, und ein Maximalprogramm für „wissenschaftliche, zentralisierte Planung … mit den Werktätigen, dem Volk, am Steuer der Macht“, das in eine nebelhafte, unbestimmte Zukunft verbannt wird.
Aber warum gibt es keine Brücke? Die KKE kann keine Brücke schlagen zwischen dem jetzt notwendigen Kampf und dem Kampf für die Revolution, weil ihr Programm dem Kampf für nationale Befreiung entgegensteht. Wie sich 2015 gezeigt hat, führt das Programm der KKE ebenso zur Kapitulation vor den Imperialisten wie zur Kapitulation vor der nationalen Bourgeoisie. Es ist wichtig, die Lehren aus 2015 zu ziehen, damit die Arbeiter verstehen, dass die Fehler der KKE nicht einfach theoretische Fehler sind, sondern schreckliche Konsequenzen haben im wirklichen Leben. Klassenbewusste Arbeiter müssen verstehen, dass das Programm der KKE nicht reformiert werden kann und dass die Arbeiterklasse eine neue Führung braucht.
Die Lehren von 2015
Nach jahrelangen brutalen Austeritätsmaßnahmen, gegen die das Proletariat erbittert kämpfte, erreichte das Land 2015 einen Wendepunkt. Um die Wut und die Kämpfe der Massen in sicherere Bahnen abzulenken, versuchte Syriza, die damalige Regierungspartei, den Arbeitern weiszumachen, sie könnte den Kampf gegen die imperialistische Unterjochung anführen. Tatsächlich gab es viele Illusionen, dass Syriza ein besseres Abkommen mit der EU erreichen und gegen die Imperialisten kämpfen würde.
Im Jahr 2015 hielt Syriza ein Referendum über die von der EU diktierte Austerität ab und hoffte auf ein „Ja“-Votum. Das wäre für Syriza und die EU das beste Ergebnis gewesen, denn es hätte ihnen die Vollmacht gegeben, das Proletariat zugrunde zu richten. Für Revolutionäre ist Widerstand gegen den Imperialismus nicht einfach eine Frage der Taktik, sondern eine Frage des Prinzips. Unsere Aufgabe war es, die Unfähigkeit von Syriza aufzudecken, einen Kampf gegen die Imperialisten zu führen, und den Massen zu zeigen, dass ihre Befreiung nur durch eine proletarische Führung erreicht werden kann. Die einzige revolutionäre Position zum Referendum war ein „Nein“ ohne Unterstützung für die Regierung. Kriminellerweise weigerte sich die KKE-Führung, eine Position gegen die Imperialisten zu beziehen, und rief die Arbeiter dazu auf, eine ungültige Stimme abzugeben, womit sie das „Ja“-Votum unterstützte. Mit dem Sieg des „Nein“-Votums sagten die Massen laut und deutlich, die imperialistischen Parasiten sollten zur Hölle fahren, und das kam trotz der KKE und gegen die KKE zustande, die den Kampf gegen den Imperialismus schwächte.
Das Ergebnis des Referendums zeigte, dass die Massen zum Kampf entschlossen waren. Angesichts des Ergebnisses und der massiven Proteste erbleichte Syrizas Ministerpräsident Tsipras. Seine imperialistischen Bosse sagten: „Du hast gewonnen, aber Griechenland hat verloren.“ Vor dem Referendum waren die Massen getäuscht worden. Doch das „Nein“-Votum und sein Kippen durch Deutschland und der Ausverkauf durch Syriza haben die Regierung in den Augen der Massen geschwächt und bloßgestellt. Unmittelbar stellte sich eine offene Konfrontation mit den Imperialisten und der einheimischen Bourgeoisie.
Für Revolutionäre ging es darum, einen revolutionären Pol zu bilden, um die Wut der Massen in eine revolutionäre Situation umzuwandeln. Die Arbeiterklasse hätte für den Kampf organisiert werden müssen. Wir sagten „ES REICHT!“ und organisierten eine Kampagne mit genau dieser Perspektive. Mit unserer Agitation richteten wir uns an Gewerkschaften und linke Organisationen und kämpften für den Aufbau von Arbeiteraktionskomitees, die den Kampf gegen die imperialistische Unterjochung mit dem Sturz aller Unterdrücker und der Bildung einer Arbeiterregierung verbinden. Wir taten unsere Pflicht, während die KKE und die Linke buchstäblich in Urlaub gingen. Kriminellerweise weigerten sie sich, unseren Aufruf aufzugreifen und die Massen in den Kampf zu führen, und brachten so den Arbeitern eine enorme Niederlage bei. Die Führung der KKE, die in der Arbeiterbewegung eine dominierende Rolle spielt, trägt die größte Verantwortung, denn sie wollte ganz klar die Arbeiter nicht in einen Kampf gegen den Euro und die EU führen, als es konkret darum ging, und rettete damit gleichzeitig die einheimischen Kapitalisten.
Zur Rechtfertigung ihrer Haltung behauptet die KKE bis heute, dass ein Votum gegen das von der Troika (IWF, EU und Europäische Zentralbank) geschnürte Austeritätspaket einem indirekten Votum für Syrizas eigenes Austeritätspaket gleichkomme und auf eine Unterstützung für Syrizas Regierung hinauslaufe. Diese Position klingt orthodox, da sie sich scheinbar sowohl gegen die Bourgeoisie als auch gegen die Imperialisten richtet. Doch die Stalinisten landen beim Ultralinkstum. Das ergibt sich aus der Position der KKE, Griechenland sei ein imperialistisches Land, und führt zum Verrat an dem Kampf für die nationale Befreiung. Die Position der KKE, dass der Kampf gegen die imperialistische Unterjochung dem Kampf gegen die nationale Bourgeoisie entgegengesetzt sei, führt unweigerlich – wie sich 2015 zeigte – zur Kapitulation sowohl vor den Imperialisten als auch vor der Bourgeoisie. Brecht mit der verräterischen Führung der KKE! Für die Wiederschmiedung der Vierten Internationale, Weltpartei der sozialistischen Revolution!
Für gemeinsamen Klassenkampf der türkischen und griechischen Arbeiter!
Wichtig ist für die Arbeiterklasse zu verstehen, dass bei jedem ernsthaften Kampf, den sie führt, die Kapitalisten versuchen werden, diesen durch das Schüren von Chauvinismus gegen die Türkei abzulenken. Damit die Arbeiter für ihre Interessen kämpfen können, ist es unerlässlich, den Chauvinismus mit einem Programm zu bekämpfen, das griechische und türkische Werktätige vereinigt.
Der Krieg in der Ukraine hat die Spannungen zwischen der griechischen und der türkischen Bourgeoisie verschärft, die sich darum streiten, wer ein größeres Stück vom Kuchen abbekommt, vom Erdgas bis zu den konkurrierenden Ansprüchen auf die Inseln. Täglich sind die ständigen Drohungen von beiden Seiten in den Nachrichten. Die Ziele beider Bourgeoisien sind reaktionär. Unter Berufung auf die nationale Einheit hetzen sie die Arbeiter gegeneinander auf, um ihre eigenen Interessen voranzubringen. Es ist kriminell für die Arbeiterklasse eines jedes Landes, wenn sie sich auf die Seite einer der beiden Kapitalistenklassen stellt.
Die Imperialisten spielen ein Land gegen das andere aus, um ihre Vorherrschaft in der Region zu sichern. Griechenland und die Türkei werden beide von den Imperialisten brutal unterdrückt, und gegen diese zu kämpfen liegt im gemeinsamen Interesse der Arbeiter. Die einzige Möglichkeit für die Arbeiter, ihren Bedarf an billigem Gas, Strom usw. zu befriedigen, besteht darin, die Rohstoffquellen den Klauen der Unterdrücker zu entreißen, und zwar durch Klasseneinheit sowohl gegen die Imperialisten als auch gegen ihre eigenen Bourgeoisien. Die revolutionäre Einheit der türkischen und griechischen Arbeiter wäre ein gewaltiger Schlag gegen die imperialistische Vorherrschaft in der Region und würde den Kampf für die Revolution auch in den imperialistischen Zentren voranbringen. Dies kann nur mit einem Programm für proletarische Macht geschehen.
Das größte Hindernis für diese Perspektive ist die KKE, die in das Proletariat anti-türkischen Chauvinismus hineinträgt, es an die nationale Bourgeoisie kettet und darüber täuscht, wer sein wirklicher Feind ist. Die KKE schreibt, dass nationale Einheit eine Falle ist und dass die Arbeiter und die Bourgeoisie entgegengesetzte Interessen haben. Das stimmt! Aber sehen wir uns an, was die wahre Position der KKE ist. Seit vielen Jahren beklagt sie sich darüber, dass aufeinanderfolgende griechische Regierungen den Rahmen einer gemeinsamen Kontrolle (Kondominat) mit der Türkei akzeptiert haben, und darüber:
Die Ausweitung der Hoheitsgewässer und die Ausbeutung von Energiequellen durch die griechischen Kapitalisten auf Kosten der Türkei sind gegen die Interessen der Arbeiterklasse. In der Frage der Ausbeutung der Rohstoffquellen in der Ägäis und im südöstlichen Mittelmeer unterstützt die KKE offen die Ziele der griechischen Bourgeoisie gegen die Türkei. In ihrem Bemühen, die Interessen der griechischen Kapitalisten weiter zu fördern, kritisiert sie die verschiedenen Regierungen dafür, die Territorial- und Souveränitätsrechte Griechenlands gegen die Türkei nicht genug zu verteidigen. Alle ihre linken Phrasen gegen nationale Einheit erweisen sich als eine Lüge und dienen nur dazu, ihre Unterstützung für die herrschende Klasse zu verschleiern. Die einzigen, die die Kohlenwasserstoffe ausbeuten werden, sind die Imperialisten, auf Kosten beider Länder. Darüber hinaus ist die Verteidigung des internationalen Seerechts – ein Gesetz der Imperialisten – durch die KKE kriminell und bedeutet, den imperialistischen Status quo in der Region zu verteidigen.
Die KKE wettert gegen Nea Dimokratia [ND, gegenwärtige Regierungspartei]:
Die KKE spricht von „unannehmbaren Forderungen der türkischen Bourgeoisie“. Was ist mit den Forderungen der griechischen Bourgeoisie? Sind diese nicht unannehmbar? Wir Trotzkisten haben eine klare Antwort: Sie sind reaktionär. Darüber hinaus beruht die Opposition der KKE gegen NATO/EU darauf, dass die Imperialisten die Ziele der türkischen Bourgeoisie unterstützen, sie also nicht auf der Seite Griechenlands stehen! Es stimmt zwar, dass die Imperialisten die nationale Souveränität Griechenlands bedrohen, aber die Opposition der KKE gegen NATO/EU beruht nicht auf der Tatsache, dass sie das Land vergewaltigen, sondern darauf, dass sie die Position der griechischen Bourgeoisie gegenüber der Türkei schwächen. Und natürlich weigern sich die Stalinisten anzuerkennen, dass die nationale Souveränität auch der Türkei dem Imperialismus geopfert wird.
Die KKE macht sich die starke antiimperialistische Stimmung der Massen, ihre Sehnsucht nach Frieden und einem besseren Leben sowie ihren gerechten Hass auf die jahrzehntelange Demütigung durch die Imperialisten zunutze, um diese Wut auf die Türkei abzulenken. Die Appelle der KKE, dass die Imperialisten eine Bedrohung für die Souveränität darstellen, ihre Aufrufe zur Schließung der NATO-Stützpunkte und zum Austritt Griechenlands aus der NATO dienen als proletarisches Deckmäntelchen für ihre feigen Appelle an die griechische Bourgeoisie, das Programm der KKE zu übernehmen als eine bessere Verteidigung des griechischen Kapitalismus gegen die Türkei außerhalb der imperialistischen Bündnisse NATO/EU. Die KKE propagiert eine alternative Politik für die griechischen Kapitalisten, die deren Interessen besser dienen würde.
Die KKE entzweit das Proletariat der beiden Länder und behindert so den Kampf gegen den Imperialismus. Die Arbeiter beider Länder brauchen eine Führung, die ihnen Klasseneinheit beibringt: Die griechischen Arbeiter werden sich nicht befreien, wenn sie nicht gegen die Unterdrückung ihrer Klassenbrüder in der Türkei kämpfen und umgekehrt. Nieder mit EU und NATO! Griechenland/Türkei raus aus der NATO! Schließung aller imperialistischen Stützpunkte in Griechenland, der Türkei und auf dem Balkan! Raus aus der EU/dem Euro! Für die Vereinigten Sowjetstaaten von Europa, freiwillig vereinigt!
Staat und Revolution: Leninismus kontra Stalinismus
Um wesentliche Reformen durchzusetzen, müssen die Arbeiter es mit dem kapitalistischen Staat aufnehmen. Die herrschende Klasse wird den Werktätigen nichts geben, es sei denn, sie befürchtet, dass sie in Gefahr ist, alles zu verlieren. Bei einem Generalstreik werden die Bourgeoisie und ihr Staat zurückschlagen und Streikbrecher, Polizei, Faschisten und sogar die Armee mobilisieren. Die Arbeiter müssen sich verteidigen können. Die KKE ist dabei ein Hindernis, denn ihr Programm beruht auf der Zusammenarbeit mit dem Staat; sie verwaltet in der Stadt Patras den bürgerlichen Staat und sie unterstützt die Polizei. Wie aus der Überschrift eines Artikels in Rizospastis „Die Polizei sollte die KKE unterstützen, die bei deren Kampf der wertvollste Helfer ist“ (Rizospastis, 16./17. März 2019) hervorgeht, war die KKE stolz darauf, dass ein Polizist gesagt hat:
Für uns ist es undenkbar, dass Lenin die Arbeiterklasse zur Verteidigung der „gerechten“ Forderungen der Bullen mobilisiert hätte. Ihren „Kampf“ zu unterstützen heißt bessere Gehälter und eine bessere Bewaffnung zur effektiveren Unterdrückung der Arbeiterbewegung zu unterstützen. Die KKE betrügt das Volk mit der Lüge, die Bullen seien Teil der Arbeiterbewegung und man müsse gemeinsam gegen den Kapitalismus kämpfen. Sie stellt die Polizei – die zusammen mit Armee und Justiz den Kern des Staates bildet – nicht als das Unterdrückungsinstrument der Bourgeoisie gegen das Proletariat dar, sondern als eine Kraft, die im Interesse der Werktätigen gegen die „volksfeindliche Politik“ eingesetzt werden kann. Genau das ist die Definition von Klassenzusammenarbeit! „Wir sagen: Bewaffnung des Proletariats zum Zwecke, die Bourgeoisie zu besiegen, zu expropriieren und zu entwaffnen“ [unsere Hervorhebung] (Lenin, Das Militärprogramm der proletarischen Revolution vom September 1916).
Für Marxisten ist klar, dass Reformen nicht in Zusammenarbeit mit der Polizei erreicht werden können. Polizisten, Sicherheitskräfte, Gefängniswärter raus aus den Gewerkschaften, der Arbeiterbewegung und der KKE! Wie Lenin in „Die Hauptsache vergessen!“ (Mai 1917) schrieb:
Außerdem verwaltet die KKE den Staat in Patras! Und zwar auf die einzig mögliche Weise: Sie bedient sich auf kommunaler Ebene der Funktionen des staatlichen Repressionsapparats und setzt ihn gegen die Arbeiter ein. Genau wie die Bürgermeister von Syriza, ND und anderen organisiert der KKE-Bürgermeister die städtische Polizei, stellt städtische Angestellte ein und entlässt sie, entwickelt die Stadtplanung im Auftrag kapitalistischer Investoren usw. Vergessen wir auch nicht: Er setzte die Lockdowns durch, unterdrückte und sperrte Tausende zu Hause ein, führte die Fernarbeit ein, bürdete den Frauen zusätzliche häusliche Pflichten auf usw. Peletidis, der KKE-Bürgermeister von Patras, spielt eine noch schädlichere Rolle als die Bürgermeister von bürgerlichen Parteien, indem er Illusionen sät, dass unter einem „kommunistischen“ Bürgermeister der Staat reformiert werden und zum Wohle der Arbeiter handeln kann. Nicht nur wird alles beim Alten bleiben – das Privateigentum, die bürgerliche Demokratie und das damit einhergehende Elend und die hohen Lebenshaltungskosten –, sondern selbst auf kommunaler Ebene bedeutet die Verwaltung des kapitalistischen Staates, all dies zu verteidigen.
Zum Streik vom 9. November sagte Peletidis: „Gemeinsam mit dem Volk werden wir nicht unsere Zukunft opfern; wir werden gemeinsam kämpfen, wir werden kämpfen, wir werden sie stürzen“ („Entschlossene Botschaft der Eskalation im Streik vom 9. November“, 902.gr, 18. Oktober 2022). Wie soll das gehen, wo doch die KKE selber ein Teil des bürgerlichen Staates ist? Die KKE versucht einen Spagat. Auf der einen Seite mobilisiert sie die Arbeiter, auf der anderen Seite verwaltet sie Patras und erledigt die Drecksarbeit der Zentralmacht. Dass die KKE Patras verwaltet, zeigt bereits, was ihr Programm der „Volksmacht“ in der Praxis bedeutet. Wie Rosa Luxemburg schrieb:
Die KKE kann uns antworten, dass Peletidis Maßnahmen für die Arbeitenden und die Armen in Patras erlässt. Wir sind zwar für alles, was das Leben der Arbeiter verbessert, aber das geht über „Sozialpolitik“ nicht hinaus. Nicht nur stellt es das kapitalistische System nicht in Frage, sondern es bestärkt im Gegenteil die Vorstellung, dass wir einen humaneren Kapitalismus haben könnten. Lenin prangerte den kleinbürgerlichen Opportunismus des „Munizipalsozialismus“ an und sagte, „dass die Bourgeoisie, wenn sie den ‚Munizipalsozialismus‘ gestattet, ihn duldet, dies gerade deshalb tut, weil er die Grundlagen ihrer Herrschaft unberührt lässt, die entscheidenden Quellen ihres Reichtums nicht angreift“, und: „Man vergißt, dass die Bourgeoisie, solange sie als Klasse herrscht, nicht zulassen kann, dass die wirklichen Grundlagen ihrer Herrschaft … angetastet werden“ („Das Agrarprogramm der Sozialdemokratie in der ersten russischen Revolution von 1905 bis 1907“, Dezember 1907). Entgegen dem Schwindel der KKE, dass der Staat reformiert werden kann, müssen sich die Werktätigen darüber bewusst sein, dass sie den bestehenden Staatsapparat nicht übernehmen und für ihre Interessen einsetzen können. Der kapitalistische Staat muss zerschlagen und durch die Diktatur des Proletariats ersetzt werden. Das ist die grundlegende Scheidelinie zwischen Reform und Revolution.
Das reformistische Programm der KKE ist der Grund dafür, dass Generalstreiks in Form von Paraden durchgeführt werden. Die Lehre daraus ist, dass selbst der Kampf für Reformen Teil eines revolutionären Programms sein muss mit dem Ziel einer Arbeiterregierung unter revolutionärer Führung.
Wir brauchen einen wirklichen Generalstreik, der für Folgendes kämpft:
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Anständige Wohnungen für alle durch die Enteignung des Kircheneigentums und der Luxuswohnungen der herrschenden Klasse! Holt euch die von den Banken gestohlenen Wohnungen zurück!
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Verteilung der vorhandenen Arbeit auf alle verfügbaren Hände ohne Lohneinbußen! Anständige Löhne und Renten für alle, gekoppelt an die Lebenshaltungskosten!
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Entschädigungslose Enteignung der strategischen Wirtschaftszweige: der Häfen, Werften, Eisenbahnen, des Transportwesens, der Schifffahrtsindustrie und des Stromversorgers DEI!
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Gemeinsamer Kampf der griechischen, türkischen, deutschen und anderen Arbeiter gegen die EU/NATO-Imperialisten!
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Für die Industrialisierung des Landes, um zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen!
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Für ein kostenloses, hochwertiges Gesundheitssystem für alle!
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Für Arbeiterkontrolle über Lebensmittelversorgung und Preise!
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Streichung der Schulden! Nieder mit der EU und dem Euro!
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Für die nationale Befreiung Griechenlands durch sozialistische Revolution!
Kämpft mit uns dafür, eine Partei zu schmieden, auf die Lenin und Trotzki stolz wären.