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Liebe Genossen von Klasse Gegen Klasse, in eurem Artikel „Bauen wir eine unabhängige revolutionäre Alternative zur Ampel und der gescheiterten Linkspartei auf, um die Rechten zu konfrontieren“ (8. Oktober) schreibt ihr, im Kontext des Aufschwungs der AfD: „Die Linken und die Arbeiter:innenbewegung müssen dagegen eine Kraft aufbauen, die für einen revolutionären Bruch mit dem Reformismus kämpft...“ Ihr ruft dazu auf: „Lasst uns für eine sozialistische, internationalistische, revolutionäre Partei der Arbeiter:innenklasse kämpfen, mit der Perspektive einer Arbeiter:innenregierung, die mit dem Kapitalismus bricht.“ Gut!
Die Schlüsselfrage ist: Was ist ein revolutionärer Bruch? Im Ersten Weltkrieg beschrieb Lenin die Aufgabe von Revolutionären so:
Wir müssen diese Politik auf die entscheidende Frage von heute anwenden: den Ukrainekrieg und seine Folgen. Die Führer der Arbeiterklasse in SPD, Linkspartei und Gewerkschaften unterstützen die Ukraine und den Pro-NATO-Kurs der deutschen Bourgeoisie. Sie sind ein Hindernis für den Klassenkampf und tragen die Verantwortung für den Aufstieg der reaktionären AfD, die als einzige Opposition gegen die Regierung und den Krieg wahrgenommen wird. Jeder Schritt vorwärts für die Arbeiterklasse, und auch der Kampf gegen den Aufstieg der AfD, erfordert einen Bruch mit den Pro-NATO-Führern der Arbeiterbewegung und mit ihrem Programm. Wie in Lenins Zeiten ist es jedoch die Hauptaufgabe von Revolutionären, diejenigen politisch zu entlarven, die – wie Karl Kautsky damals – behaupten, Marxisten zu sein, aber mit süßlichen Phrasen von Frieden und Abrüstung die Einheit mit den offenen Sozialchauvinisten aufrechterhalten wollen.
Wir rufen dazu auf, die offenen Unterstützer der NATO aus der Arbeiterbewegung zu schmeißen. Das ist noch kein revolutionärer Bruch, aber ein Kampf dafür ist gerade jetzt unverzichtbar. Während des Kampfes für diese grundlegende Maßnahme politischer Hygiene wird deutlich, wer sich in der Praxis dagegenstellt und das wirkliche Hindernis im Kampf für eine revolutionäre Partei ist. Bis jetzt hat KGK/Revolutionäre Internationalistische Organisation es abgelehnt, diesen dringenden Kampf aufzugreifen. Wer es jedoch ernst meint mit einem revolutionären Bruch von Linkspartei, SPD und pro-kapitalistischer Gewerkschaftsführung, muss sich mit den Gründen eurer Ablehnung auseinandersetzen und sie überdenken.
Revolutionärer Bruch oder Frieden mit der Gewerkschaftsführung?
Der ver.di-Bundeskongress im September war eine gute Gelegenheit für Kommunisten, um für den Bruch mit den Pro-NATO-Arbeiterverrätern zu kämpfen. Ihr habt im Vorfeld die Unterschriften-Kampagne „Sagt Nein!“ unterstützt, die sich zu Recht gegen den Leitantrag des ver.di-Bundesvorstandes, gegen Waffenlieferungen und den Burgfrieden der Gewerkschaft mit der Regierung im Ukrainekrieg stellte. Aber wie wir in unserer Intervention bei dem Protest von „Sagt Nein!“ vor dem Kongress und in unserem Flugblatt „Schmeißt sie raus!“ (siehe Titelseite im Spartakist) betonten, führte „Sagt Nein!“ die Niederlagenstrategie der gesamten Linken seit letztem Jahr weiter: nämlich die Einheit mit der sozialchauvinistischen Führung der Gewerkschaften aufrechtzuerhalten.
Die fundamentale Aufgabe von Kommunisten in den Gewerkschaften ist es, für eine revolutionäre Führung zu kämpfen, die die jetzige pro-kapitalistische Führung ersetzt. Gegen Waffenlieferungen und Burgfrieden kann man nicht zusammen mit denjenigen kämpfen, die dafür eintreten und die Arbeiter auch dafür mobilisieren. Genau diese Illusion schürt ihr aber mit eurer Unterstützung von „Sagt Nein!“ und verhindert so den elementaren Kampf gegen die NATO-Unterstützer in der Führung, der aber die Voraussetzung dafür ist, um zum Beispiel Aktionen für den Stopp von Waffenlieferungen zu organisieren, für die ihr doch eintretet.
Ihr sagt „100 Milliarden für Soziales statt Waffen!“ Ja! Natürlich müssen wir gegen das Sondervermögen für die Bundeswehr kämpfen, und wir brauchen 100, 200 und mehr Milliarden für die Bildung der Kinder der Arbeiterklasse und für Soziales! Aber wie kämpft man dafür? Riesige Investitionen in Bildung und Gesundheit der Bevölkerung müssen durch harten Klassenkampf, in direkter Auseinandersetzung gegen die Interessen der deutschen Kapitalisten, erkämpft werden.
Frank Werneke hat auf dem ver.di-Kongress erklärt: „Wir sagen geschlossen Nein zum Zwei-Prozent-Ziel der NATO und zum 100-Milliarden-Euro-Programm für die Bundeswehr“, und tritt gleichzeitig für soziale Verbesserungen für die Arbeiter ein. Das war ein nützliches Manöver von Werneke, um der Gewerkschaftsbasis die Lüge zu verkaufen, mit Pro-NATO-Führern wie ihm könne man gegen den Militärhaushalt der Kapitalisten vorgehen und grundlegende Verbesserungen erreichen.
Aber weder grundlegende Verbesserungen noch der Kampf gegen die Militarisierung können vorangebracht werden durch nette Appelle an die Regierung (die ja gerade das Gegenteil tut) oder an die Gewerkschaftsführer (die diese Angriffe über das ganze Jahr erlaubt haben)! Aber leider hat KGK mit der Unterstützung der Sagt-Nein-Petition genau die Rolle Wernekes abgedeckt und die Illusion weiter geschürt, dass man mit ihm zusammen gegen Aufrüstung kämpfen kann. Die bürgerliche FAZ hat in ihrem Artikel (19. September), vom Standpunkt der Kapitalistenklasse aus, die Rolle von Werneke mit seinen Abrüstungsphrasen treffend ausgedrückt: „Der Dompteur der linken Revolutionäre“.
Ihr seid in den Gewerkschaften für den „Aufbau revolutionärer Fraktionen, die mit einem unabhängigen Programm der Arbeiter:innenbewegung eine Opposition gegen Staat und Kapital aufbauen“. Auf welcher Grundlage werden revolutionäre Fraktionen gebildet? Genau durch den Kampf für den Rauswurf der aktuellen Pro-NATO-Führung, der eine schonungslose Auseinandersetzung gegen alle Versöhnler nötig macht.
Ein gutes Beispiel dafür, was ihr gegenüber Versöhnlern in den Gewerkschaften tut, ist Jana Kamischke, Betriebsrätin bei der HHLA und im letzten Jahr euer Anker, um in ver.di am Hafen anzudocken. Im Sommer 2022 gab es einen Streik an den norddeutschen Häfen gegen die Inflation, den die Pro-NATO-Führer sofort abwürgten, als er Wirkung zeigte, und um eine größere Krise für die deutschen Kapitalisten abzuwenden. In dieser Situation war es notwendig, „den Massen die Unvermeidlichkeit und Notwendigkeit des Bruchs mit dem Opportunismus klar[zu]machen“ (Lenin), d. h. den Bruch mit diesen Pro-NATO-Führern, um die unmittelbaren Interessen der Arbeiter, wie bei einem siegreichen Streik, voranzubringen.
Stattdessen hat KGK die Petition „Gegen jede Einschränkung des Streikrechts“ von Kamischke unterstützt, die die Führung angebettelt hat, doch ein bisschen weiter zu streiken. Offensichtlich konnte das nichts ausrichten gegen den Ausverkauf der berechtigten Forderungen der Arbeiter gegen das Inflationsmonster. Indem KGK Hoffnungen in die jetzige Führung geschürt hat und es abgelehnt hat, die Gewerkschaftsführer über ihre Pro-NATO-Linie anzugreifen, hat KGK dazu beigetragen, diese Führer im Sattel zu belassen, und die Illusion verbreitet, in Einheit mit ihnen könnten substanzielle Errungenschaften erkämpft werden.
Kamischke und ihre Kumpel in der Bürokratie führten dann Betriebsversammlungen durch, um die Niederlage den Arbeitern schmackhaft zu machen. Stefan Schneider und Lennart Beeken schreiben am 12. August diesen Jahres: „In Deutschland beobachten wir Ansätze von Streikdemokratie, etwa bei Betriebsversammlungen der Häfen im vergangenen Jahr“, und decken damit den Ausverkauf des Hafenstreiks und Kamischkes Rolle dabei von links ab.
Beim ver.di-Kongress übte Kamischke linke Kritik an Fahimi und sagte, dass „jetzt der richtige Zeitpunkt für kapitalismuskritische Gesellschaftsdebatten“ sei – um was zu tun? Werneke die Hand zu reichen, man werde „eine gemeinsame Position finden“ gegen die Angriffe der Bosse an den Häfen. Was ist eure Antwort darauf? Revolutionäre müssen Kamischkes Rolle als Kompromissler angreifen, die links tönt, aber mit den rechten Pro-NATO-Typen die Einheit sucht, was dem Aufbau einer revolutionären Führung im Hafen im Weg steht. Wer das nicht tut, dem bleibt nur die Rolle als letztes Glied in der syphilitischen Kette übrig.
NATO und die Polarisierung in der Linken über den Krieg
Voll im Fahrwasser der Imperialisten haben zentrale Führer der Arbeiterbewegung und Linken, wie z. B. Gysi, den Pro-NATO-Kurs der deutschen Bourgeoisie übernommen. Ein anderer Teil, allen voran Sahra Wagenknecht, hat zwar als Echo auf die Ampel ebenso Russlands Einmarsch als „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ verurteilt, sich aber gegen Waffenlieferungen, Sanktionen und den NATO-Kurs gestellt. Das hat zu einer zugespitzten Polarisierung, einer groben Klassenlinie für oder gegen NATO, in der Linken letztes Jahr geführt.
Viele Arbeiter, die einfach nur Frieden wollen und wütend auf die Regierung und die verräterischen Arbeiterführer sind, schauen mit Sympathie auf Wagenknecht und sehen in ihr eine Vorkämpferin für ihre Interessen und gegen den Krieg. Natürlich ist sie das nicht: Auf Grundlage ihres pro-kapitalistischen Programms hat sie, trotz ihrer Anti-NATO-Position, den politischen Kampf gegen die NATO-Unterstützer abgelehnt.
Wie müssen Revolutionäre mit dieser Situation umgehen? Ein revolutionärer Bruch passiert nicht durch abstrakte Proklamationen eines „Bruchs“ – man muss auf Schritt und Tritt den Einfluss des Reformismus auf die Arbeiter bekämpfen. Für Leninisten war klar: Einerseits müssen wir allen Arbeitern und Jugendlichen einen Weg aufzeigen, wie man die Pro-NATO-Offensive zurückschlagen kann, und gleichzeitig müssen wir einen scharfen politischen Kampf führen gegen das Programm der sich als „Anti-Imperialisten“ präsentierenden Pazifisten wie Wagenknecht. Genau mit diesem Ziel haben wir Spartakisten propagiert: „Schmeißt die EU/NATO-Unterstützer aus der Linken!“
Vor allem war dies eine politische Waffe, um zu entlarven, dass das Programm der Anti-NATO-Pazifisten im Kampf gegen den deutschen Imperialismus das größte Hindernis ist. Und KGK? Wie alle Linken hat auch KGK diesen Kampf abgelehnt und dagegen an der Einheit mit den NATO-Unterstützern festgehalten. So hat KGK, trotz aller Anti-NATO-Rhetorik, Ramelow und Konsorten geholfen, ihre pro-imperialistische Offensive durchzuziehen. Gleichzeitig hat KGK den politischen Kampf und die Auseinandersetzung mit dem pazifistischen Programm von Wagenknecht gescheut.
Als die Polarisierung in der Linkspartei dem Höhepunkt entgegenging, um den Linke-Parteitag in Erfurt im Juni 2022 herum, hat KGK einfach zum Austritt aus der Linkspartei aufgerufen. Ohne den Kampf gegen die NATO-Sprachrohre aufzunehmen und ohne politischen Kampf gegen Wagenknecht und Co. ist ein einfacher Appell zum „Austritt“ eine sektiererische Linie, die nichts tut, um die Polarisierung in der Linken in Richtung Reform kontra Revolution zu vertiefen.
Die Argumente von KGK, um sich aus diesem politischen Kampf rauszuhalten, waren, dass Wagenknecht ja auch pro-kapitalistisch ist, und waren oft geborgt von der liberalen Hexenjagd („Putinversteherin!“, „Rassistin!“) des Pro-NATO-Flügels. Ja, Wagenknechts pro-kapitalistisches Programm bietet der Arbeiterklasse keinen Ausweg. Ja, Wagenknecht vertritt, u. a. in der Migrationspolitik, ein sozialchauvinistisches Programm – wie die gesamte Sozialdemokratie. Aber anstatt die scharfe Polarisierung in der Linken als Gelegenheit zu nutzen, um im Kampf für ein sofortiges Bedürfnis der Arbeiter gegen die Pro-NATO-Führer vorzugehen und dabei den Bankrott des pazifistischen Programms aufzuzeigen – und so einen revolutionären Bruch voranzutreiben – … hat KGK einfach in steriler Weise mit linken Phrasen abseitsgestanden. Im Ergebnis hat das nur dazu geführt, dass Wissler und Co. ihren offen pro-imperialistischen Kurs ungehindert durchziehen können, und auf der anderen Seite dazu, Wagenknecht nicht anzutasten.
Um die Interessen der Arbeiterklasse voranbringen zu können, ist es notwendig, den Burgfrieden mit den Kapitalisten aufzukündigen. Wie bei den anti-russischen Sanktionen. Ihr sagt, ihr seid gegen die Sanktionen. Aber was bedeutet der Kampf gegen Sanktionen konkret? Wir sagen: Lasst russisches Gas und Öl rein! Die Arbeiterklasse muss Nord Stream und alle sanktionierten Anlagen beschlagnahmen und in Betrieb nehmen! Wer sich gegen Sanktionen ausspricht, aber es ablehnt, für das Grundbedürfnis aller Arbeiter und Unterdrückten für billiges russisches Gas zu kämpfen, kapituliert vor der anti-russischen Hetze und spielt damit der AfD in die Hände.
Der Inbegriff des Liberalismus in Deutschland und der Kern des „Burgfriedens“ seit letztem Jahr ist die Propaganda über einen fortschrittlichen Krieg auf Seiten der Ukraine mit Unterstützung der NATO. So wurden die räuberischen Interessen der Imperialisten bemäntelt. Ihr behauptet, für eine „unabhängige“ Position der Arbeiterklasse einzutreten, und argumentiert, dass Kommunisten in diesem Krieg dafür kämpfen, dass „Soldat:innen an der Front ... sich gegen ihre eigenen Regierungen ... richten, anstatt weiter ihre Klassengeschwister auf der anderen Seite zu töten“.
Ja, richtig! Aber was ist das zentrale Mittel, mit dem die deutsche Bourgeoisie die Arbeiterklasse im Krieg an sich kettet und so jedwede „unabhängige“ Position der Arbeiter unterbindet? Die nationale Einheit gegen Putin, das Zetergeschrei über den russischen Einmarsch in die Ukraine, die „Solidarität mit der Ukraine“. KGKs Übernahme der NATO-Hauptforderung „Russische Truppen raus aus der Ukraine!“ kapituliert vor genau dieser nationalen Einheit. In diesem Punkt hat die Gruppe ArbeiterInnenmacht seit Beginn des Krieges mit euch übereingestimmt. Sie hat neuerdings die letzte Konsequenz aus dieser pro-imperialistischen Position gezogen und tritt jetzt für Waffenlieferungen an die Ukraine ein.
Wie wollt ihr den Burgfrieden durchbrechen, wenn ihr vor den ideologischen Grundlagen dieses Burgfriedens kapituliert? Olaf Scholz verkündete auf dem ver.di-Bundeskongress lauthals die Linie: Russische Truppen raus aus der Ukraine! Die Gewerkschaftsführung um Werneke tut dasselbe. Die Führung der Linkspartei – Ramelow, Gysi, Wissler – tut dasselbe. Mit eurer Position reiht ihr euch am linken Ende dieser Kette ein, anstatt sie zu durchbrechen.
Der revolutionäre Bruch vom Reformismus erfordert die Spaltung von dem Programm der sozialistischen Gruppen, die in der Tradition Kautskys organisatorisch und programmatisch an der Einheit mit den Arbeiterführern festhalten. Dies ist der Kern der programmatischen Differenz zwischen KGK und den Spartakisten.
Wir freuen uns auf eine Antwort von Klasse Gegen Klasse auf diesen Brief, um die politische Klärung voranzubringen. Wir hoffen, in der Zukunft mit eurer Organisation zusammen gemeinsame Aktionen durchzuführen, die einen revolutionären Bruch vorantreiben können, und schlagen allen Mitgliedern von Klasse Gegen Klasse vor, in Diskussion mit uns Spartakisten zu treten.
Mit Genossengrüßen
Spartakist